TransStar Europa stellt sich bei der Kiewer Buchmesse Arsenal vor

6. 5. 2015

Am 24.04.2015 hat sich “TransStar” bei der Kiewer Buchmesse ARSENAL aus einer neuen Perspektive präsentiert: die Ausstellung “Camera Obscura – Orte des Übersetzens” samt Lesung von Ulrike Almut-Sandig machten das Publikum neugierig. Unsere Projektteilnehmerinnen Nina Hawrylow und Valentyna Bilokrynytska erzählten über Ihre Projekterfahrungen und die Orte, die sie zum Übersetzen inspirieren. Der Chefredakteur des Verlages “Krytyka” Andrij Mokrousov sprach über das zukünftige Buch der Übersetzungen.

Hier finden Sie einige Fotos.

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Gekreuztes: In der Stadt Ljubljana kreuzen sich viele literarische Wege

5. 5. 2015

Stadtbesichtigung mit Donald Reindl

Es ist schon einige Zeit her, als ich aus Ljubljana zurückgekommen bin. Es scheint als wäre es erst gestern gewesen, aber alles Schöne vergeht schnell, wurde mir einmal gesagt. Das Schöne kann man aber behalten: in Bildern, Gegenständen, Gerüchen, Geräuschen, Erinnerungen. Ich sitze im Zug, der mich nach Bonn fährt, meine Gedanken sind aber in Ljubljana und sie sind bei mir. Wie kann ich das beschreiben? Kann die Wärme in Worte übersetzt werden? Ostap Slyvynskyi sagt, dass man durch Ljubljana mit Hausschuhen laufen kann. Das ist eine Stadt zum Wohlfühlen, zum Gucken und zum Atmen. Hier fühlt man die Nähe der Berge genau so deutlich, wie die Nähe des Meeres. Hier kann man leicht schreiben, sprechen, fühlen und Eindrücke einfach kommen lassen. Die Orte bekommen hier ein neues Leben, indem sie von Gefängnissen und Kasernen zu freien Kommunen werden. Die Plätze der Gefangenschaft werden zu den Plätzen der Freiheit. Irgendwann waren wir auch da. Wir sind gekommen, um über die Freiheit zu sprechen und um die Freiheit zu leben. Wir haben gesungen, gemalt, geflochten, indem wir gesprochen haben. Wir waren so verschieden und so schön in unserer Verschiedenheit. An diesen Orten sind wir selber frei geworden.

Mit Dankbarkeit

Olga-Daryna Drachuk

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ÜBERSETZUNGSWÜRFEL IN LJUBLJANA: Fotoausstellung Camera Obscura – Orte des Übersetzens

5. 5. 2015

Fotoausstellung „Camera obscura“

Am Anfang begrüßte Amalija Maček, Workshop-Leiterin der deutsch-slowenischen Gruppe, alle Gäste, die nach Ljubljana aus verschiedenen Staaten ankamen. Dann folgten die Begrüßungsworte des Prodekans der Philosophischen Fakultät Ljubljana, Prof. Dr. Gregor Perko, und des Leiters der Abteilung für Translatologie an der Philosophischen Fakultät Ljubljana, Prof. Dr. David Limon.

Prof. Dr. Schamma Schahadat, Leiterin des Projektes TransStar Europa und des Projektes Übersetzungswürfel, Eberhard Karl Universität Tübingen, begrüßte alle Anwesenden, stellte kurz den Hintergrund der beiden Projekte dar und eröffnete die Fotoausstellung.

Im Rahmen des Teilprojektes Camera Obscura – Orte des Übersetzens wurden 15 Lochkamerabilder und -texte ausgestellt, die im Rahmen des Projektes Übersetzungswürfel: Sechs Seiten europäischer Literatur und Übersetzung entstanden sind.

Im Jahr 2014 wurden die TeilnehmerInnen des Projekts TransStar Europa eingeladen, auf eine besondere Weise über ihre bisherige Arbeit im Rahmen des Projektes zu reflektieren. Das Projekt „Camera Obscura“ des deutsch-polnischen Künstlers Przemek Zajfert funktioniert auf der Weise, dass man eine Lochkamera an einem bestimmten Ort für mindestens 7 Tage lang platziert; durch die Belichtung entsteht ein Foto. Die TeilnehmerInnen sollten sich also einen Platz aussuchen, der für sie mit dem Übersetzen oder mit ihrer Kultur verbunden ist. Zu den Fotos schrieben sie einen eigenen ergänzenden Text, was der Ausstellung eine besondere persönliche Note verlieh.

Einige Fotos finden Sie hier.

von Alenka Lavrin

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Gekreuztes: Angehende ÜbersetzerInnen im Gespräch mit Ostap Slyvynsky, Jurko Prochasko und Štefan Vevar

5. 5. 2015

Am Donnerstagnachmittag versammelten sich im Flur der Abteilung für Translatologie an der Philosophischen Fakultät in Ljubljana junge ÜbersetzerInnen vom EU-Projekt TransStar Europa und die Studierenden der Universität, um an der Diskussion mit den etablierten Kollegen: Ostap Slyvynsky, Jurko Prochasko und Štefan Vevar teilzunehmen. Als Auftakt lasen Anja Wutej und Franziska Mazi ihre Übersetzungen von zwei Chansons der berühmten slowenischen Dichterin Svetlana Makarovič. Danach diskutierte man über die Übersetzetzungsprobleme und das Unübersetzbares in Texten. Als erster sprach Jurko Prochasko, ein ukrainischer Essayist, Germanist und Übersetzer, der die deutsch-ukrainsche Gruppes des Projektes leitet. Er ist überzeugt, dass alle problematischen Stellen im Text nur vorübergehend unübersetzbar sind. Am Anfang hatte er viel Angst davon. Er wußte, was im Text gemeint ist, aber konnte dafür keine Worte in der eigenen Sprache finden. Jetzt genießt Prochasko eine solche Situationen und empfielt auch anderen das zu tun. Danach sprach Štefan Vevar, ein renommierter slowenischer Übersetzer aus der deutschen Sprache, der  Autoren wie Goethe, Schiller, Musil, Kafka und viele andere ins übersetzt hat. Er erzählte, dass besonders viel Freude beim Übersetzen ihm die Wortspiele vorbereiten, bei deren Übersetzung er manchmal lange nachdenken muss. Als Beispiel nannte er den berühmnten Satz von Friedrich Schleiermacher: „Die Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer sucht, was Leiden schafft.“ Ostap Slyvynsky, Lyriker, Übersetzer aus dem Bulgarischen, dem Polnischen, dem Weißrussischen, dem Englischen und der Mitherausgeber der polnisch-deutsch-ukrainischen Literaturzeitschrift “Radar”, teilte auch seine Erfahrungen im Übersetzen mit. Slyvynsky meint, dass es unübersetzbare Stellen gibt, aber keine unübersetzbaren Texte, man muss nur die richtige Lösung finden. Der Übersetzer kann entweder den Sinn oder die Form des Textes beibehalten. Er führte auch einige Beispiele aus den eigenen Übersetzungen an.

Die Diskussion war sehr informativ und jeder Anwesende konnte etwas für sich mitnehmen. Eine Idee, ein Beispiel, einen Satz oder ein Wort, und vor allem Mut zum Weiterübersetzen!

                                                                                                                                                              von Olha Kravchuk

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Josef Winkler und Ostap Slyvynsky im Gespräch über Leben und Tod

3. 5. 2015

Die Reise nach Ljubljana war voller Entdeckungen in jeder Hinsicht. Eine der angenehmsten war die Bekanntschaft mit dem Übersetzerverein Sloweniens. Verortet am schönen Park in einem alten Haus mit einem sehr gemütlichen Ambiente lud er uns zur Lesung von Josef Winkler und Ostap Slyvynsky herzlich ein. Schon die Grußworte der Moderatorin auf Slowenisch und dann auf Deutsch deuteten auf den Hauptzweck der Organisation, die wir in der Ukraine leider immer noch beneiden können. Mit der wiederum zum Teil zweisprachigen Einführung zum Leben und Werk des österreichischen Prosaautors und des ukrainischen Lyrikers boten Amalja Maček und Claudia Dathe für angehende ÜbersetzerInnen aus dem Projekt „TransStar“ ein weiteres Vorbild zur eigenen Tätigkeit im Bereich des  Kulturmanagements an.

Die erste Frage an Josef Winkler war über die Jesus-Christus-Metaphorik in seinem Werk, die auch schon im Titel eines der Gedichte von Ostap Slyvynsky explizit vorhanden ist. Herr Winkler äußerte sich ausführlich zum Einfluss der katholischen Kirche auf sein Werk, welchen er wegen der Erlebnisse in der Kindheit wohl zum Lebensende nicht loswird. Aufgewachsen in der katholischen Erziehung lernte er die sogenannte Volksfrömmigkeit sehr gut kennen. Als Kind hat Winkler viel gelesen, obwohl er selbst für Bücher Geld sparen musste. Die größten Vorbilder waren für ihn Camus, Sartre und Handke, die ihm den Weg in die Weltliteratur bedeuteten. Der Religiosität und der katholischen Volksfrömmigkeit entwich er durch Liebe zur Literatur. Ostap erwiderte, dass seine Kindheit auch in den durchaus volksfrommen Familienverhältnissen in der Westukraine verging, aber ohne einen beängstigenden religiösen Druck, denn zur Sowjetzeit stand der griechisch-katholische Glauben in der positiv beladenen Verbindung mit dem nationalen Bewusstsein in der Westukraine. In einem seiner Gedichte behandelte Ostap Slyvynsky eine der frühesten Erfahrungen mit der damals verbotenen Kirche und dem Glauben, welchen für ihn eigentlich einer der fernen Verwandten, ein griechisch-katholischer Mönch, verkörperte, der weit in den Bergen in einer Holzhütte heimlich den Gottesdienst für Frauen aus den benachbarten Dörfern hielt. Claudia Dathe vermutete, dass der Unterschied in den persönlichen Erfahrungen der Autoren an dem unterschiedlichen Status der Kirche in der Ukraine liegt, wo sie zur Sowjetzeit verboten war und nur im Untergrund existierte, und in Österreich, wo die Kirche große Machtpositionen hatte.

Josef Winkler meinte, dass seine ersten schriftstellerischen Versuche und das ganze Werk auf die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen mit der Kirche in einem weit gelegenen österreichischen Dorf zurückzuführen sind. Er äußerte sich auch dazu, was für ihn den Sinn des Dichtens und der Literatur überhaupt ausmacht. Die ewigen Themen der tausendjährigen deutschen Literatur seien immer dieselben zwei: „Liebe“ und „Tod“. Man hätte auf die Dichtung schon längst verzichten können, wenn nicht immer wieder neue Formen in neuen Zeiten erfunden würden. Die Rolle der Sprache in der Literatur wurde von Josef Winkler mit dem Spiel einer eleganten Katze mit der  ihr an den Schwanz gebundenen Blechdose verglichen. Ostap Slyvynsky betonte den permanenten Wunsch mit der versteinerten Formtradition in der ukrainischen Dichtung zu brechen. Für ihn ist neben der Form auch der Drang, gerade das Gewünschte äußern zu können, also der Inhalt auch sehr wichtig.

Josef Winkler sprach weiter über seine zahlreichen Reisen, die er nur dann  unternimmt, wenn er in das Notizbuch seine Eindrücke detailliert aufzeichnen kann. Von ihm selbst kann in so einem Buch nichts übrig bleiben, denn er verwandle sich ins Auge, das alles um sich herum wahrnimmt. Und wieder erwähnte Josef Winkler die fortgehende Bedeutungseiner  Kindheitserinnerungen für das ganze Werk. Amalia Maček wies aber darauf hin, dass Josef Winkler bei dieser Lesung in Ljubljana wohl zum ersten Mal die eigenen Eltern in Schutz genommen hatte.

Dann erzählte Ostap Slyvynsky über die von ihm gehasste Tradition der Verherrlichung der für eine Idee geopferten Leben in der ukrainischen Literatur. Sein großer und inniger Wunsch sei,r sich und die ukrainische Literatur von dieser Tradition zu befreien. Die Maidan-Revolution und der Tod von vielen Menschen gaben aber wiederum Anlass zur weiteren Verherrlichung der gefallenen Helden, was Ostap Slyvynsky nicht gefällt.

Abschließend lasen Janko Trupej und Yulia Mykytiuk Auszüge aus ihren Übersetzungen eines Abschnitts von Josef Winklers Novelle „Natura morta“ jeweils auf Slowenisch und auf Ukrainisch vor. Dann trug Ostap Slyvynsky eigene Gedichte auf Ukrainisch und Claudia Dathe und Alenka Lavrin ihre Übersetzungen ins Deutsche und Slowenische vor. Die Lesung erntete mehrmals Applaus und bereitete den Anwesenden viel Freude und lieferte bestimmt viel Stoff zum Überlegen und Nachdenken, was auch zu weiteren Gesprächen im Foyer schon nach dem Ende der Veranstaltung führte.

von Mykola Lipisivitskyi

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Werkstatt in Ljubljana (slowenisch-deutsch)

3. 5. 2015

Diesmal standen bei unserem Übersetzungsworkshop vor allem jene Texte im Vordergrund, die während unserer Zeit in Ljubljana bei verschiedenen Veranstaltungen vorgelesen werden sollten. Zuerst beschäftigten wir uns mit zwei Chansons der slowenischen Schriftstellerin, Dichterin und Chansonsängerin Svetlana Makarovič, die von Franziska Mazi und Anja Wutej übersetzt und als Auftakt zur Veranstaltung „Gespieltes: Angehende ÜbersetzerInnen im Gespräch mit etablierten Kollegen“ vorgetragen wurden. Die Problematik bei diesen Übersetzungen lag vor allem im Beibehalten des Rhythmus und der Reime, da Chansons gesungen werden und in der Übersetzung der vorhandenen Melodie angepasst werden müssen. Beim zweiten Workshop arbeiteten wir an den Gedichte von Katja Perat und Miklavž Komelj, die von Daniela Trieb übersetzt und später bei der Lesung am Abend vorgelesen wurden. Bei den Gedichten beschäftigten wir uns mit der Übertragung und der Wichtigkeit der Form bei zeitgenössischen Gedichten. Am letzten Tag nahmen wir uns ein Kapitel aus Goran Vojnovićs „Jugoslavija, moja dežela“ vor und besprachen danach unsere weitere Arbeit.

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von Anja Wutej

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Übersetzungswürffel in Ljubljana: Doppelbegabung (Aleš Berger und Petra Vidali im Gespräch mit Irena Smodiš)

2. 5. 2015

Getauschtes: Doppelbegabung

Treffen mit dem Verleger, Schriftsteller und Literaturübersetzer Aleš Berger und der Rezensentin, Kulturjournalistin und Verlegerin Petra Vidali.  Moderation: Irena Smodiš

Eine spannende und ideenreiche Diskussion, die Einblicke in den Werdegang zweier spannender Persönlichkeiten verschaffte. Die positiven und aufmunternden Aussagen der Verleger nahmen so manchem jungen Übersetzer im Publikum die Angst vor einem ersten Annäherungsversuch an einen Verlag. Inzwischen ist in Europa ein Bewusstsein dafür entstanden, dass die Rolle des literarischen Übersetzers eine wichtige ist, und die literarische Übersetzung hat sich insgesamt sehr professionalisiert. Vereine  als Interessensvertretungen wurden gegründet. Es gibt auch immer mehr Möglichkeiten, sich in diesem Bereich aus- und weiterzubilden, nicht zuletzt durch Projekte wie TransStar. Wichtig ist es, am Ball zu bleiben und die Rolle des literarischen Übersetzers noch bewusster zu machen. Vielleicht wird es auch bald eine Kategorie „Übersetzer“ in Online-Büchershops zur Auswahl geben. Hier noch ein paar gesammelte Eindrücke des Gesprächs als Tipps für angehende ÜbersetzerInnen:

Fange nicht gleich mit einem Klassiker an, auch „normale“ Genreliteratur will übersetzt werden.

Halte auch nach weniger bekannten AutorInnen Ausschau.

Sei vom Text, dem Autor, deiner Arbeit und dem Übersetzen überzeugt.

Wenn du davon nicht überzeugt bist, lass es sein.

Verzweifle nicht nach der ersten Absage eines Verlags.

Erkunde auch andere Kanäle (Radio, Theater, Literaturzeitschriften etc.).

Beschäftige dich mit Sprache, es öffnet sich immer wieder mal eine Tür.

Setz dein Sprachgefühl ein.

Denk immer mit, jeder Satz muss durchdacht sein.

Halte dich an den Abgabetermin.

von Daniela Trieb

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Übersetzugswürfel in Ljubljana – Ein Jazz-Abend mit Raoul Schrott

28. 4. 2015

Gesucht und gefunden: Lyrik in der heutigen Welt

Der Abend der Lyrik begann mit der Jazzmusik von der Gruppe Lothar Krist B3 aus Hannover. Während die Musik eine wunderschöne Atmosphäre schuf, sammelten sich die TeilnehmerInnen des Projekts „TransStar Europa“ und die Gäste des Abends an den Tischen, unterhielten sich und warteten auf die Veranstaltung selbst.

Gleich am Anfang präsentierte die Moderatorin Daniela Kocmut die Biografie von Raoul Schrott, dem Autor und Übersetzer von über 30 Publikationen wie auch Gewinner von zahlreichen Preisen. Mit dem literarischen Übersetzen traf er sich, als er an seiner Dissertation arbeitet und sich für Dadaisten interessierte: Es gab nämlich keine Werke zu diesem Thema in deutscher Übersetzung, deshalb begann er selbst zu übersetzen.

Das Übersetzen sei ähnlich, wie das Sprechen durch eine Maske, meint Raoul Schrott und erklärt weiter, dass man das Werk zuerst lernen, verstehen, erschließen, sich aneignen und erst dann übersetzen solle. Das Übersetzen sei für ihn ein Vergnügen, es bedeutet, in eine Maske zu gleiten und sich führen zu lassen. Seiner Ansicht nach könne man durch die übersetzerische Tätigkeit auchh Sprachen lernen.

Raoul Schrott ist kein Anhänger der wörtlichen Treue, ihm geht es darum, den Sinn zu übertragen. Seine Übersetzungsmaxime besteht darin, nicht nur das Vokabular zu erschließen, sondern auch die Kommentare und Sekundärliteratur richtig zu verstehen und somit auch zu verstehen, was zwischen den Zeilen gesagt wird. Er bemüht sich den übersetzten Text so zu formulieren, dass er er dieselbe Wirkung wie der Ausgangstext habe. Die eigentliche Treue sei nicht die wörtliche, sondern die, diejenige den Sinn nachmache, sagte Schrott. Dies gilt besonders für Poesie, weil die wörtliche Übersetzung eines Gedichtes nie funktionieren kann – ein Gedicht sei mehr als nur Worte, es sei ein Bild, eine Melodie, die man in andere Sprachen übertragen müsse.

Der Dichter und Übersetzer sprach an dem interessanten und kreativen Abend auch über die Wichtigkeit der Poesie aus psychologischer und geschichtlicher Perspektive: Die Poesie, so Schrott, sei wesentlich älter als die Schrift. Als es noch keine Schrift gab, hat man melodische Poesie erfunden. Es war wichtig, das Wissen weiterzugeben und dafür hat man rhythmische Sätze genutzt, die leichter zu merken und somit weiterzugeben gewesen seien. Schrott erläuterte, dass die durchschnittliche Verszeile 12 Silben habe, weil das manshliche Kurzgedächtnis nur 3-Sekunden-Speicher habe. Das erklärt auch die Entwicklungspsychologie. Mit Gedichten gibt man nicht nur den Sinn, sondern auch die Intonation, die Melodie wieder; wenn man die Stimme hebt, ist der Vers ironisch und provokativ, wenn man sie sinkt, ist er melancholisch. Sogar die Kinder verstehen und nehmen zuerst die Melodie wahr und erst dann sequenzieren sie die Wörter.

Bevor Raoul Schrott eigene Gedichte vorgelesen hat und dann die eigenen Versübersetzungen von den TeilnehmernInnenn des Projekts „TransStar Europa“ präsentiert wurden, gab er den angehenden ÜbersetzerInnen noch einen Tipp: Es gebe keine perfekte Übersetzung,  alle 50 Jahre müsse man die Übersetzung neu machen, weil die Sprache sich ständig weiterentwickelt. Was wichtig für einen Übersetzer sei, sei das Gefühl für Sprache und ihre Idiomatik – und für eine gelungene gute Übersetzung sei es wichtig, so Schrott, dass man das Verständnis der eigenen Sprache entwickele.

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von Yuliya Mykytyuk   

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Übersetzungswürel in Ljubljana – wie war es?

28. 4. 2015

Getauschtes: Der slowenische Büchermarkt und Übersetzungsförderungen

Im Rahmen des Projekttreffens der Projekte TransStar Europa und Übersetzungswürfel: Sechs Seiten europäischer Literatur und Übersetzung in Ljubljana hielt Katja Stergar, Beraterin bei der Slowenischen Buchagentur (JAK) und slowenische Vertreterin beim Netzwerk Traduki, am 16. April 2015 einen Vortrag über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Übersetzungsförderung ins Slowenische und aus dem Slowenischen. Den Besuchern der Veranstaltung erklärte sie, dass nur Übersetzungsprojekte von einer hohen Qualität von der Buchagentur mitfinanziert werden können. Neben Belletristik können auch Übersetzungen von Essayistik, humanistischen Texten und sogar Comics gefördert werden. Nur Projekte, für die ein Vertrag mit einem Verlag schon unterschrieben ist, können sich für die Übersetzungsförderung  bewerben und die Übersetzungshonorare müssen angemessen hoch sein.  Des Weiteren fordert  die Buchagentur auch die Lesekultur, finanziert Studienbesuche von slowenischen Autoren im Ausland, promoviert slowenische Literatur im Ausland usw.

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von Janko Trupej

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Vom 6. bis zum 10. Mai 2015 ist unser Übersetzungswürfel in Tübingen: Die Verwandlung des Fremden

23. 4. 2015

Übersetzungswürfel: Sechs Seiten europäischer Literatur und Übersetzung

Programm (PDF)

Mittwoch, 6. Mai , 19.00 Uhr

Getauschtes: Zwischen Paris, Stuttgart und Iwano-Frankiwsk

Juri Andruchowytsch, Lubomír Martinek und Sudabeh Mohafez erleben Fremdheit auf unterschiedliche Weise: als Konfrontation in der Rolle des Einwanderers, als irritierende Erfahrung im Gespräch über das Heimatland und als allgemeines Lebensgefühl in der Gegenwart. Die drei Autoren diskutieren über ihre Vermittlung inmitten der Fremdheit und lesen aus aktuellen Werken.

Sudabeh Mohafez wurde 1963 in Teheran geboren, kam 1979 nach Berlin und lebt als Autorin seit 10 Jahren in Stuttgart. Zuletzt von ihr erschienen sind der Erzählband  das zehn zeilen buch und der Roman brennt.

Juri Andruchowytsch wurde 1960 in Iwano-Frankiwsk in der Westukraine geboren und gilt seit den 2000-er Jahren als die wichtigste Stimme der ukrainischen Literatur in Deutschland. Zuletzt gab er im Suhrkamp Verlag den Band Euromaidan. Was in der Ukraine auf dem Spiel steht heraus.

Lubomír Martínek lebte bis 1979 in Prag und emigrierte dann nach Paris. In seinen überwiegend essayistischen Werken setzt er sich mit der verlorenen Identität des modernen Menschen auseinander.

Moderation: Claudia Dathe

Ort: Pfleghofsaal

Im Anschluss: Empfang

Donnerstag, 7. Mai, 20.00 Uhr

Gekreuztes: Europäische Geschichte erzählen – Boris Dežulović und Alena Zemančíková

„Wir brauchen etwas Eigenes“ – „Gut, dass wir keinen Besitz haben“. Zwischen diesen beiden Maximen entspinnt sich in Alena Zemančikovás Erzählung Wie ein Obdachloser das Leben von Anna und ihrer Familie in Tschechien auf der Suche nach Kontinuität und Unabhängigkeit.

In seinem satirischen Roman Scheiß doch auf die 1000 Dinar erzählt der kroatische Autor Boris Dežulović von einem Angehörigen des Schwarzen Puma, einer Sondereinheit der bosnisch-herzegowinischen Armee, der während eines militärischen Einsatzes im Wald nahe Prijedor verloren ging und erst drei Jahre später im Zustand vollkommener geistiger Zerrüttung und der Sprache nicht mehr mächtig aufgefunden wurde.

Alena Zemančiková und Boris Dežulović wurden im EU-Projekt TransStar-Europa von Daniela Pusch und Maja Konstantinović ins Deutsche übertragen. Alida Bremer ist mit den Autoren und Übersetzerinnen im Gespräch über europäische Geschichten und Identitäten.

Alena Zemančiková wurde 1955 in Prag geboren und ist in der deutsch-tschechischen Kulturarbeit aktiv. Seit 1997 arbeitet sie beim tschechischen Radio für den Kultursender Vltava. Sie hat bislang drei Erzählbände veröffentlicht.

Boris Dežulović wurde 1964 in Split geboren und arbeitet als Illustrator, Comiczeichner und Journalist. Er veröffentlicht Romane und politisch-satirische Gedichte, auf Deutsch unter anderem Gedichte aus Lora (2008).

Maja Konstantinović wurde 1989 in Vukovar geboren und studiert in Tübingen Literatur- und Kulturtheorie. Sie arbeitet seit 2009 an eigenen literarischen Übersetzungen aus dem Kroatischen und Serbischen.

Daniela Pusch wurde 1978 in Karlovy Vary geboren und arbeitet heute als Reiseleiterin und Übersetzerin aus dem Tschechischen in Düsseldorf.

Moderation: Alida Bremer

Ort: Club Voltaire

Freitag, 8. Mai, 20.00 Uhr

Gescheitertes: Alles, was beim Übersetzen schiefgeht

Witze über die Tschuktschen? Unverständlich. Eine Mischsprache aus Russisch und Ukrainisch? Unübersetzbar. Der Hauptheld heißt Zbigniew Szczypiorski? Unaussprechbar.

Das Improtheater Action und Drama aus Leipzig zeigt, welchen Mühen sich Übersetzer tagtäglich unterziehen, wenn sie Unverständliches, Unübersetzbares und vieles mehr in eine andere Sprache bringen wollen und wie sie dabei scheitern.

Das Improvisationstheater Action und Drama besteht seit 2009 und integriert in sein Spiel knallende Szenen-Collagen und fließende Geschichten, ruhiges Erzählen und Kratzen am Assoziations-Tempolimit. An dem Abend wirken Moritz Bockenkamm, August Geyler und Sophie Weigelt mit.

Ort: Brechtbau-Theater

Samstag, 9. Mai, 15.00 – 18.00 Uhr

Die Kunst der literarischen Übersetzung

15.00 – 15.45 Uhr

Gelesenes: Das Erbe des Antifaschismus auf dem Balkan

BETON INTERNATIONAL ist eine Zeitschrift für Literatur und Gesellschaft, die in ihrer diesjährigen Ausgabe  der Frage nachgeht, ob heute, 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der Begriff des Antifaschismus überholt ist, er sich verbraucht hat oder missbraucht worden ist. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des EU-Projekts TransStar Europa haben Texte kroatischer, serbischer und montenegrinischer Autoren für BETON INTERNATIONAL übersetzt und präsentieren sie dem Publikum.

Moderation: Matthias Jacob

16.00 – 17.00 Uhr

Getauschtes: Schreiben und Übersetzen nach dem Zerfall Jugoslawiens

Nach den Kriegen auf dem Balkan sind aus dem ehemaligen Jugoslawien sechs eigenständige Staaten hervorgegangen, die heute insbesondere über ihre Sprach- und Kulturpolitik eine Abgrenzung gegeneinander anstreben und versuchen, eigenständige Nationalliteraturen zu entwickeln. In der Diskussion sprechen Übersetzerinnen und Übersetzer aus Kroatien, Österreich, Deutschland, Österreich über die Phänomene der Abgrenzung, den Krieg als dominierendes Thema in den Literaturen Ex-Jugoslawiens und die Wahrnehmung der Literaturen im In- und Ausland.

Teilnehmer: Anna Hodel, N.N., Bojana Bajić, Želika Gorićki

Moderation: Andy Jelčić

17.15 – 18.00 Uhr

Gesehenes: Orte des Übersetzens

Mit einer Camera Obscura haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer des EU-Projektes TransStar Europa Orte aufgenommen, von denen sie sich beim Übersetzen literarischer Texte inspiriert fühlen. Durch das Prinzip der Langzeitbelichtung – sieben Tage bei normalen Lichtverhältnissen – zeichnet sich auf den Lochkamerafotos Unbewegtes deutlich ab, während Menschen oder Tiere zu flüchtigen und unsichtbaren Geistern werden. Blicke auf Orte, Objekte und Situationen finden ihren verfremdeten und übersetzten Abdruck auf dem Fotopapier und erfahren auf diese Weise eine neue ästhetische Dimension in sich überlagernden Zeitschichten.

Radovan Charvát präsentiert die Fotos der entdeckten Inspirations- und Sehnsuchtsorte und kommt mit den Teilnehmern ins Gespräch.

Moderation: Radovan Charvát

Zwischen den Veranstaltungsteilen besteht die Möglichkeit, bei einer Tasse Kaffee oder einem anderen Getränk mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des EU-Projekts TransStar Europa aus Kroatien, Tschechien, Polen, Österreich Deutschland und der Schweiz ins Gespräch zu kommen.

Ort: Stadtmuseum

 

Sonntag, 10. Mai, 11.00 Uhr

Getauschtes: Textecho – Lyrik schreiben und übersetzen

In der Sonntagsmatinée lesen Elke Erb, Uljana Wolf und Ilma Rakusa aus ihrem reichen poetischen Œvre, das sich aus ihren Wahrnehmungen vielfältiger kultureller Räume in Europa und Übersee speist. Sie sprechen über die Poesie ihrer eigenen Werke und ihrer Übersetzungen.

Elke Erb macht in ihrer Lyrik mit assoziationsreichen und erfahrungsgesättigten Blicken das Vergehen von Zeit im Spannungsfeld zwischen Menschen, Dingen und Natur sichtbar. Zu den von ihr übersetzten Autoren gehören unter anderem Marina Zwetajewa und Alexandr Blok.

Uljana Wolfs aktuelle Gedichte sind poetische Verflechtungen zwischen dem Englischen und Deutschen, die Muster entstehen lassen, in denen die Sprachen verschwimmen und neue Klänge und Bedeutungen zusammenfügen. Uljana Wolf übersetzt aus osteuropäischen Sprachen und aus dem Englischen, unter anderem Christian Hawkey.

Ilma Rakusas Texte wenden sich Menschen und Landschaften verschiedenster kultureller Prägung zu und verwandeln ihre Anonymität in erlebbare Vertrautheit. Auch Ilma Rakusa hat Marina Zwetajewa ins Deutsche übertragen, darüber hinaus noch viele andere ungarische, russische und französische Autoren.

 

Moderation: Dagmar Leupold

Ort: Hölderlinturm

 

Impressum

Veranstaltungsreihe des Projekts „TransStar Europa“

www.transstar-europa.org

Veranstaltungsorte:

Pfleghofsaal, Schulberg 2, 72070 Tübingen

Hölderlinturm, Bursagasse 6

Brechtbau-Theater, Brechtbau, Wilhelmstraße 50

Stadtmuseum Tübingen, Kornhausstraße 10

Club Voltaire, Haaggasse 26b

Kontakt: Claudia Dathe

Claudia.dathe@uni-tuebingen.de

Eintritt frei

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