Der Tag war zu schön für eine Abreise, auch wenn es sich um die Heimkehr handeln würde. Angenehm gesättigt vom gehaltvollen und abwechslungsreichen TransStar-Programm in Tübingen schien es unwirklich, bald wieder zum Alltag zurückzukehren, dessen Grundlage doch die Hausmannskost ist, und nicht die erlesene Speise. Ein wenig entrückt gaben wir uns der Literatur und deren Übersetzung hin, alle Zeit und Unternehmung diesem Zwillingspaar verpflichtet. Auf den letzten, bunten Abend folgte das morgendliche Packen und eine baldige Rückkehr zum unvermeidlichen täglich Brot. Nur noch die letzte Veranstaltung und danach zum Bahnhof. Das also war der Hölderlinturm, schön vom Sonnenlicht ausgeleuchtet. Und das also waren Elke Erb und Uljana Wolf, Ilma Rakusa konnte leider nicht mehr erscheinen. Aber ich hatte schon gepackt, war mit den Gedanken bereits woanders. Doch nach der Vorstellung der Autorinnen, beide zugleich Übersetzerinnen, holte mich ein Echo noch einmal zurück ins erlesene hier und jetzt. Ein Textecho, das nicht nur lyrische Werke der Gastautorinnen zusammenführte, sondern weit darüber hinausging. So las Dagmar Leupold, die Moderatorin dieser klangvollen Matinée und ebenfalls namhafte Autorin, ein selbstverfasstes Nachwort zu Ehren ihres kürzlich verstorbenen Freundes Günther Grass vor. In der Diskussion um die Frage, ob übersetzen nicht auch bereits schreiben sei, bereicherten Schleiermacher, Dilthey und Brodsky das bereits vielschichtige Echo. Literatur und Übersetzung, sowohl Erb als auch Wolf zufolge eher ein Holen, ein Heraus- und Hinüberholen, als ein Übersetzen, kamen sich näher. Weitere Klänge erweiterten das Echo, aus dem Damals sprach Benjamin, aus dem Jetzt sprachen von Erb übersetze Gedichte des Poeten Oleg Jurjew. Dazu gesellte sich der von Wolf übersetze Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki, aus dessen Werk einige Texte von der Projektteilnehmerin Magda Lewandowska vorgetragen wurden, deren Stimme dieses umfassende und wohltönende Echo ergänzte. In diesen Klangteppich waren ausgewählte Werke von Erb und Wolf eingeflochten, die zum Teil das Übersetzen oder Herüberholen selbst zum literarischen Motiv machen und Wortspiele zwischen verschiedenen Sprachen mit verblüffender Leichtigkeit verwoben. Längst dachte ich nicht mehr an die Rückkehr oder den Alltag, sondern ergötzte mich an diesem fein- wie tiefsinnigen Echo, das sowohl aus der Vergangenheit durch bedeutsame Namen, als auch aus der Gegenwart mittels zeitgenössischer Poeten und nicht zuletzt dank lebendiger Stimmen schallte. Ein hervorragendes Ende verlängerte das Entrücktsein auf inspirierende Weise und erleichterte die Abreise im Wissen, dass dieses Echo noch lange Zeit in unseren Köpfen nachklingen würde.
von Lukas Laski