Die polnische Autorin Olga Tokarczuk, geboren 1962, wurde vielfach ausgezeichnet und erhielt 2008 den wichtigsten polnischen Literaturpreis, den Nike-Preis. Bei der Lesung stellte sie ihren Roman “Der Gesang der Fledermäuse” vor, mit dem sie sich ins Genre des Krimis begibt. Die Geschichte um eine ehemalige Brückenbauingenieurin, die sich jetzt als Englischlehrerin in die niederschlesichen Berge zurückgezogen hat, wo es wiederholt zu Mordfällen kommt, ist auch ein Tierschützerroman und eine Kritik an die heutige Fixierung auf den Körper und die Bestrebungen nach Verjüngung und Verlängerung des Lebens. Die Erzählerin ist besessen von Tierschutz und beschäftigt sich leidenschaftlich mit Astrologie. Außerdem liest und übersetzt sie mit einem ehemaligen Schüler die Gedichte des englischen Dichters und Naturmystikers William Blake. Im Roman gibt es viele Anspielungen auf Blake, auch der Titel des polnischen Originals ist ein Zitat und lautet auf Deutsch: “Lenke deinen Pflug über die Gebeine der Toten”.
Die Autorin sprach über Marketingstrategien, die zur abweichenden Übersetzung des Titels führten, sowie über ihre Erfahrungen bei der Zusammenarbeit zwischen dem Autor und dem Übersetzer. Dabei unterscheidet die Autorin den introvertierten Übersetzer, der keine Fragen an den Autor stellt, vom extrovertierten Übersetzer, der bei Unklarheiten den Kontakt mit dem Autor aufnimmt, und stellt fest, dass sie den direkten Kontakt zwischen dem Autor und Übersetzer für wichtig erachtet. Die Lesung am 25. September 2014 im Literaturhaus Stuttgart wurde moderiert von Alida Bremer, gelesen hat die Schauspielerin Doris Wolters, gedolmetscht hat Stefan Heck (Fotos des Abends).
von Karmen Schödel