Bericht über den Workshop „Übersetzer und Zeitschriftenverleger im Team“ mit Norbert Wehr (Köln), Alida Bremer (Münster) und Schamma Schahadat (Tübingen) am 17.1.2014 beim TransStar-Netzwerktreffen in Krakau
Am Morgen unseres zweiten Tages in Krakau hatten wir die Möglichkeit, an zwei aus drei angebotenen Workshops teilzunehmen und im Zuge dessen mehr über Kulturmanagement in seinen verschiedenen Facetten zu erfahren. Einer dieser Workshops bestand in dem angeregten Gespräch zwischen der Übersetzerin und Kulturmittlerin Alida Bremer, dem Verleger Norbert Wehr und der Professorin Schamma Schahadat, die das Gespräch leitete.
Zu Beginn befragte Schamma Schahadat Norbert Wehr zu seiner Zeitschrift und deren Charakteristiken. Norbert Wehr, der das 1977 gegründete Schreibheft seit 1982 herausgibt, machte darauf aufmerksam, dass in seiner Zeitschrift Literatur aus aller Welt veröffentlicht werde und es nicht ausschließlich auf ost- und südosteuropäische Literatur spezialisiert sei, wie man aufgrund seiner Anwesenheit beim TransStar-Treffen annehmen könnte. Er bezeichnete das Schreibheft als „wagemutige Literaturzeitschrift“, da jede Ausgabe einem genauen Konzept unterliegt und sich dieses nicht nach aktuellen Strömungen richte, sondern besonders auf Exklusivität setze. Diesen unkonventionellen Charakter sieht Norbert Wehr auch in der stets sehr unterschiedlichen Rezeption der einzelnen Ausgaben bestätigt. Ein Punkt, auf den er stets achte bei der Zusammenstellung einer Ausgabe, sei die „Lesbarkeit“ des Schreibhefts. „Eine Ausgabe soll wie ein Buch im Ganzen gelesen werden“, sagt der Verleger. Aus diesem Grund sei die Textauswahl alles entscheidend.
Um auch uns JungübersetzerInnen einzubauen stellte Schamma Schahadat Norbert Wehr die Frage, wie ein Vorschlag, den wir bei der Zeitschrift einbringen könnten, konkret aussehen solle. Der Verleger betonte, dass es zuallererst wichtig sei, das Schreibheft gut zu kennen, um selbst einschätzen zu können, ob der eigene Vorschlag angenommen werden würde. Ebenfalls sei es ausschlaggebend, dass die einzelnen Probetexte in einem Zusammenhang stehen und einen roten Faden erkennen lassen. Selbstverständlich, solle man den Probeübersetzungen auch informatives Material über den Autor hinzufügen. Abschließend hielt Norbert Wehr fest, dass es sich beim Schreibheft um keinen „Durchlauferhitzer“ handele, also, dass eine Veröffentlichung eines übersetzten Romanausschnitts nicht automatisch zur Publikation der gesamten Übersetzung bei einem Verlag führe. Dieser Bemerkung pflichtete Alida Bremer bei und ergänzte, dass deswegen als Übersetzerin die Zusammenarbeit mit einer Zeitschrift angenehmer sei. Da nur Ausschnitte von Romanen übersetzt werden müssten, gäbe es viel weniger Zeitdruck, als bei der weitaus aufwändigeren Zusammenarbeit mit einem Buchverlag. Zudem wird der Übersetzer durch dessen aktive Mitgestaltung am Dossier vom „Translator“ zum „Transkreator“, er ist also in einem erweiterten Bereich tätig.
Sowohl Alida Bremer als auch Norbert Wehr bestätigten, dass die Arbeit von Übersetzerin und Zeitschriftenverleger im Team eine besonders fruchtbare Arbeitsweise sei, da sie unmittelbar stattfinde und nicht über die Zwischenstation eines Literaturagenten laufe. Funktioniere die (langjährige) Zusammenarbeit so gut wie zwischen Alida Bremer und Norbert Wehr, habe man als Übersetzerin auch die Möglichkeit, Autoren, die man selbst sehr schätzt, dem Zeitschriftenverleger schmackhaft zu machen und diese so erstmals im deutschsprachigen Sprachraum zu veröffentlichen.
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von Evelyn Sturl