“landšaft” mit Luhmann

8. 9. 2014

Eine jungfräuliche (TransStar- und überhaupt-)Bloggerin, angehalten einen Blogbetrag in der Kategorie „Kulturlandschaft“ beizutragen, fragt sich an dieser Stelle …

Was ist eine Kulturlandschaft? Und wie schreibe ich etwas dazu – gerade und nicht zuletzt im thematischen Orbit des Literarischen Übersetzens von und nach Osteuropa?

„Eine Kulturlandschaft ist eine vom Menschen geprägte und überformte Landschaft, die im Laufe der Zeit entstanden ist und einem ständigen Wandel unterliegt.“ (Universität Innsbruck, Geografie)

„…die durch menschliche Arbeit veränderte Landschaft.“ (Wahrig, Wörterbuch der deutschen Sprache)

„… die dauerhaft vom Menschen geprägte Landschaft. Zusammen mit dem gegensätzlichen Begriff „Naturlandschaft“ entsteht ein komplementäres Begriffspaar.“ (Wikipedia)

Der Begriff der Kulturlandschaft als etwas Geprägtes, Verändertes, Umgestaltetes steht also in einer komplementären Struktur, an deren anderen Ende die Natur, das Naturbelassene, das Unveränderte, das Ursprüngliche steht.

Interessant scheint hierbei – für unseren Kontext zumindest – folgendes:

Mit Luhmann ist jede definitorische Setzung eine komplementäre Differenzierung, so wie jedes System sich von der Umwelt (aus)differenziert, indem es sich selber als solches definiert. Damit ist auch das, was bei obiger dichotomischen Struktur Natur ist, eine Frage der Setzung, die spezifische (diskursive) Funktionen ausübt. Die Naturlandschaft existiert erst, seitdem die Kulturlandschaft als solche definiert wurde. Und umgekehrt. (Dass dabei beide Entitäten in kontinuierlicher Veränderung begriffen sind, kann in dem Moment ausser Acht gelassen werden.)

Ersetzen wir die Begriffe Naturlandschaft und Kulturlandschaft nun durch Originaltext und Übersetzung, ergibt das, dass ein Original(text) nur aus der Sicht der Übersetzung als solcher betrachtet wird und umgekehrt. Wenn die Übersetzung mit Luhmann des Weiteren als eine Beobachtung zweiten Grades verstanden wird, da sie quasi beobachtet, wie das System sich selbst beobachtet, wie also der Text die Welt aber auch sicher selber beschreibt und erfasst, ist die Übersetzung damit im Eigentlichen nicht eine genuine Kulturlandschaft?

Interessant ist nicht zuletzt, dass die landšaft der Slaven stets nur ein Gemälde, also ein Bild bzw. eine Abbildung unserer Landschaft meint. Womit wir wieder bei Luhmann und seiner systemischen Umweltbetrachtung wären.

von Anna Hodel

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