Am 26.9.2014 fanden wir uns nach einem fleißig durchgearbeiteten Tag im Café des Aussiger Stadtmuseums zusammen, um uns die Lesung von Radka Denemarková anzuhören. Radka Denemarková ist eine in Tschechien gut bekannte Schriftstellerin und Übersetzerin aus dem Deutschen, und da bereits einige ihrer Bücher auch ins Deutsche übertragen wurden (beispielsweise von Kristina Kallert oder Eva Profousová), ist sie auch manchem deutschen Leser nicht unbekannt. Für unsere polnischen Teilnehmer war sie dann eher eine Autorin, die es noch zu entdecken gilt. Den angenehmen Abend leitete von Seiten des Collegium Bohemicum Herr Koutecký ein und danach ergriff schon Kristina Kallert, die Moderatorin dieser Lesung, das Wort.
Es wurde über Denemarkovás Schreibstil gesprochen, über ihren neuesten Roman Kobold und letztendlich auch über die deutsche Übersetzung des tschechischen Buchtitels Peníze od Hitlera (also wortwörtlich „Geld von Hitler“) als Ein herrlicher Flecken Erde. Der Grund für diese Titeländerung sei schlicht und einfach darin zu suchen, dass die Deutschen des Themas Hitler und des zweiten Weltkriegs bereits satt sind. Und da ein Geld von Hitler auch eigentlich nicht das Thema des Romans ist, hat sich Radka Denemarková mit dieser Änderung zufrieden gegeben. Gleich nach dieser Erklärung wurde uns auch eine kleine Verkostung aus diesem Buch angeboten: der Beginn des Romans in tschechischer sowie deutscher Version (in Überstezung von Eva Profousová). Vor lauter „Übersetzern“ im Publikum konnte natürlich das Thema „Übersetzen“ nicht umgangen werden. Die Schriftstellerin lieferte keine fertigen Rezepte für erfolgreiches Übersetzen, äußerte allerdings ihre Meinung, dass für sie als Übersetzerin die schöpferische Freiheit wichtig wäre. So dürfen sogar ganze Kulissen eines Romans verändert werden, falls selbstverständlich der Sinn nicht verloren geht und diese Übertragung der Realien den Text seinen Lesern näher bringt. Denemarková selber tat es mit dem Roman „stillborn“ von Michael Stavarič, wo sie den ursprünglichen Schauplatz Wien nach Prag übertrug. Eine ähnliche Vorgehensweise erwarte sie übrigens auch von den Übersetzern ihrer Werke.
Im Laufe des Abends kam die Rede auch darauf, wie Radka Denemarková für sich und somit für die Tschechen Herta Müller entdeckte und schließlich erzählte sie auch über ihr „Vermächtniswerk“: den Roman über Petr Lébl, einen tschechischen Theaterregisseur, der vor seinem Selbstmord Denemarková mit der schweren Aufgabe beauftragt hatte, seine Biografie zu schreiben. 10 Jahre quälte sie sich mit dem Thema, aus einer Biografie wurde eher ein subjektiver Roman, aber dann war die Aufgabe endlich und guten Gewissens erfüllt.
Den Abend hat die Schriftstellerin und Übersetzerin zwar nicht mit der erwünschten Lektüreempfehlung oder Aufforderung zum Lesen abgeschlossen, dafür aber mit einem lebensoptimistischen Motto: „Lebt, lebt, lebt!“ Na dann: Es leben die jungen Übersetzer!
von Petra Grycová, Alžběta Peštová