(geb. 1955), studierte Slavistik und Osteuropäische Geschichte in Heidelberg und Bochum, promovierte danach in Bielefeld. Sie lebt und arbeitet als freie Übersetzerin in Münster.
Im Porträt: Katharina Wolf-Grießhaber, Übersetzerin aus dem Kroatischen, Bosnischen und Serbischen
Wie sind Sie dazu gekommen, aus dem Bosnischen, Serbischen und Kroatischen zu übersetzen?
Zufällig. 1986 lernte ich Danilo Kis kennen, mit dem ich über Literatur diskutierte. Er riet mir, Literatur zu übersetzen. Ich übersetzte zunächst seine „Mansarda“. Alle weiteren Übersetzungen ergaben sich von selbst.
Die Sprachen, aus denen Sie übersetzen, sind eher kleine Sprachen. Was bedeutet das für die Präsenz und Wahrnehmung der Literatur im deutschsprachigen Raum?
Einige Verlage sind bereit, Bücher aus diesen Sprachen zu verlegen. Die Auflagen sind allerdings recht klein. Von den Rezensenten werden diese Bücher durchaus wahrgenommen, aber trotz guter Rezensionen bleibt die Zahl der Leser klein.
Häufig erleben wir Konjunkturen bestimmter politischer oder gesellschaftlicher Themen, denken wir etwa an die Balkan-Kriege oder den Georgien-Krieg im vergangenen Jahr. Dann wächst auch das Interesse an der Literatur, das aber nach Beendigung eines Themas ebenso schnell wieder abflaut. Inwieweit beeinflussen diese Konjunkturen Ihre Arbeit und die Auswahl der Bücher, die Sie übersetzen?
Unter den von mir übersetzten Büchern finden sich Essaybände über den Krieg, z.B. „Sterben in Kroatien“ von Slavenka Drakulic (1992). Ivan Colovic reflektiert in seinem „Bordell der Krieger“ (1994) aus anthropologischer Sicht über die ideologischen Grundlagen des Krieges. Emir Suljagic beschrieb in seinem Buch „Srebrenica – Notizen aus der Hölle“ (2009) das Leben in der Enklave vor dem Massenmord an den Muslimen. Diese Bücher haben mich angesprochen. Ohne den Krieg hätte ich sie sicher nicht übersetzt. Allerdings beschränkt sich auf diese Bücher der Einfluss der Konjunktur. Die Bücher, die ich sonst übersetze, erscheinen, denke ich, unabhängig von dieser Konjunktur.
Wie sieht der typische Leser der von Ihnen übersetzten Literatur aus?
Er ist neugierig auf und offen für das Andere.
Welche Autoren haben Sie übersetzt, welche davon besonders gern und warum?
u.a. Danilo Kis, Bora Cosic, Dzevad Karahasan.
Über Danilo Kis habe ich meine Doktorarbeit geschrieben. Mich beeindruckt seine literarische Virtuosität, die eine große Herausforderung war. Bei Bora Cosic spricht mich die Komik an, die in einigen Büchern mit Melancholie gepaart ist. Beide Autoren stehen mir sehr nahe. Im Gegensatz dazu zieht mich bei Dzevad Karahasan gerade das Fremde an. Mit ihm habe ich weniger Gemeinsamkeiten als mit den beiden anderen. Es ist schwerer, mich in ihn und in seine Figuren hineinzudenken, aber ich denke, dass es mir gelingt.
Katharina Wolf-Grießhaber im Gespräch mit Claudia Dathe
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Es ist immer wieder erfreulich zu lesen, dass auch zahlreiche Werke aus den kleineren slawischen Sprachen ins Deutsche übersetzt werden.