Übersetzungswürfel: Sechs Seiten europäischer Literatur und Übersetzung
Programm (PDF)
Mittwoch, 6. Mai , 19.00 Uhr
Getauschtes: Zwischen Paris, Stuttgart und Iwano-Frankiwsk
Juri Andruchowytsch, Lubomír Martinek und Sudabeh Mohafez erleben Fremdheit auf unterschiedliche Weise: als Konfrontation in der Rolle des Einwanderers, als irritierende Erfahrung im Gespräch über das Heimatland und als allgemeines Lebensgefühl in der Gegenwart. Die drei Autoren diskutieren über ihre Vermittlung inmitten der Fremdheit und lesen aus aktuellen Werken.
Sudabeh Mohafez wurde 1963 in Teheran geboren, kam 1979 nach Berlin und lebt als Autorin seit 10 Jahren in Stuttgart. Zuletzt von ihr erschienen sind der Erzählband das zehn zeilen buch und der Roman brennt.
Juri Andruchowytsch wurde 1960 in Iwano-Frankiwsk in der Westukraine geboren und gilt seit den 2000-er Jahren als die wichtigste Stimme der ukrainischen Literatur in Deutschland. Zuletzt gab er im Suhrkamp Verlag den Band Euromaidan. Was in der Ukraine auf dem Spiel steht heraus.
Lubomír Martínek lebte bis 1979 in Prag und emigrierte dann nach Paris. In seinen überwiegend essayistischen Werken setzt er sich mit der verlorenen Identität des modernen Menschen auseinander.
Moderation: Claudia Dathe
Ort: Pfleghofsaal
Im Anschluss: Empfang
Donnerstag, 7. Mai, 20.00 Uhr
Gekreuztes: Europäische Geschichte erzählen – Boris Dežulović und Alena Zemančíková
„Wir brauchen etwas Eigenes“ – „Gut, dass wir keinen Besitz haben“. Zwischen diesen beiden Maximen entspinnt sich in Alena Zemančikovás Erzählung Wie ein Obdachloser das Leben von Anna und ihrer Familie in Tschechien auf der Suche nach Kontinuität und Unabhängigkeit.
In seinem satirischen Roman Scheiß doch auf die 1000 Dinar erzählt der kroatische Autor Boris Dežulović von einem Angehörigen des Schwarzen Puma, einer Sondereinheit der bosnisch-herzegowinischen Armee, der während eines militärischen Einsatzes im Wald nahe Prijedor verloren ging und erst drei Jahre später im Zustand vollkommener geistiger Zerrüttung und der Sprache nicht mehr mächtig aufgefunden wurde.
Alena Zemančiková und Boris Dežulović wurden im EU-Projekt TransStar-Europa von Daniela Pusch und Maja Konstantinović ins Deutsche übertragen. Alida Bremer ist mit den Autoren und Übersetzerinnen im Gespräch über europäische Geschichten und Identitäten.
Alena Zemančiková wurde 1955 in Prag geboren und ist in der deutsch-tschechischen Kulturarbeit aktiv. Seit 1997 arbeitet sie beim tschechischen Radio für den Kultursender Vltava. Sie hat bislang drei Erzählbände veröffentlicht.
Boris Dežulović wurde 1964 in Split geboren und arbeitet als Illustrator, Comiczeichner und Journalist. Er veröffentlicht Romane und politisch-satirische Gedichte, auf Deutsch unter anderem Gedichte aus Lora (2008).
Maja Konstantinović wurde 1989 in Vukovar geboren und studiert in Tübingen Literatur- und Kulturtheorie. Sie arbeitet seit 2009 an eigenen literarischen Übersetzungen aus dem Kroatischen und Serbischen.
Daniela Pusch wurde 1978 in Karlovy Vary geboren und arbeitet heute als Reiseleiterin und Übersetzerin aus dem Tschechischen in Düsseldorf.
Moderation: Alida Bremer
Ort: Club Voltaire
Freitag, 8. Mai, 20.00 Uhr
Gescheitertes: Alles, was beim Übersetzen schiefgeht
Witze über die Tschuktschen? Unverständlich. Eine Mischsprache aus Russisch und Ukrainisch? Unübersetzbar. Der Hauptheld heißt Zbigniew Szczypiorski? Unaussprechbar.
Das Improtheater Action und Drama aus Leipzig zeigt, welchen Mühen sich Übersetzer tagtäglich unterziehen, wenn sie Unverständliches, Unübersetzbares und vieles mehr in eine andere Sprache bringen wollen und wie sie dabei scheitern.
Das Improvisationstheater Action und Drama besteht seit 2009 und integriert in sein Spiel knallende Szenen-Collagen und fließende Geschichten, ruhiges Erzählen und Kratzen am Assoziations-Tempolimit. An dem Abend wirken Moritz Bockenkamm, August Geyler und Sophie Weigelt mit.
Ort: Brechtbau-Theater
Samstag, 9. Mai, 15.00 – 18.00 Uhr
Die Kunst der literarischen Übersetzung
15.00 – 15.45 Uhr
Gelesenes: Das Erbe des Antifaschismus auf dem Balkan
BETON INTERNATIONAL ist eine Zeitschrift für Literatur und Gesellschaft, die in ihrer diesjährigen Ausgabe der Frage nachgeht, ob heute, 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, der Begriff des Antifaschismus überholt ist, er sich verbraucht hat oder missbraucht worden ist. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des EU-Projekts TransStar Europa haben Texte kroatischer, serbischer und montenegrinischer Autoren für BETON INTERNATIONAL übersetzt und präsentieren sie dem Publikum.
Moderation: Matthias Jacob
16.00 – 17.00 Uhr
Getauschtes: Schreiben und Übersetzen nach dem Zerfall Jugoslawiens
Nach den Kriegen auf dem Balkan sind aus dem ehemaligen Jugoslawien sechs eigenständige Staaten hervorgegangen, die heute insbesondere über ihre Sprach- und Kulturpolitik eine Abgrenzung gegeneinander anstreben und versuchen, eigenständige Nationalliteraturen zu entwickeln. In der Diskussion sprechen Übersetzerinnen und Übersetzer aus Kroatien, Österreich, Deutschland, Österreich über die Phänomene der Abgrenzung, den Krieg als dominierendes Thema in den Literaturen Ex-Jugoslawiens und die Wahrnehmung der Literaturen im In- und Ausland.
Teilnehmer: Anna Hodel, N.N., Bojana Bajić, Želika Gorićki
Moderation: Andy Jelčić
17.15 – 18.00 Uhr
Gesehenes: Orte des Übersetzens
Mit einer Camera Obscura haben Teilnehmerinnen und Teilnehmer des EU-Projektes TransStar Europa Orte aufgenommen, von denen sie sich beim Übersetzen literarischer Texte inspiriert fühlen. Durch das Prinzip der Langzeitbelichtung – sieben Tage bei normalen Lichtverhältnissen – zeichnet sich auf den Lochkamerafotos Unbewegtes deutlich ab, während Menschen oder Tiere zu flüchtigen und unsichtbaren Geistern werden. Blicke auf Orte, Objekte und Situationen finden ihren verfremdeten und übersetzten Abdruck auf dem Fotopapier und erfahren auf diese Weise eine neue ästhetische Dimension in sich überlagernden Zeitschichten.
Radovan Charvát präsentiert die Fotos der entdeckten Inspirations- und Sehnsuchtsorte und kommt mit den Teilnehmern ins Gespräch.
Moderation: Radovan Charvát
Zwischen den Veranstaltungsteilen besteht die Möglichkeit, bei einer Tasse Kaffee oder einem anderen Getränk mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des EU-Projekts TransStar Europa aus Kroatien, Tschechien, Polen, Österreich Deutschland und der Schweiz ins Gespräch zu kommen.
Ort: Stadtmuseum
Sonntag, 10. Mai, 11.00 Uhr
Getauschtes: Textecho – Lyrik schreiben und übersetzen
In der Sonntagsmatinée lesen Elke Erb, Uljana Wolf und Ilma Rakusa aus ihrem reichen poetischen Œvre, das sich aus ihren Wahrnehmungen vielfältiger kultureller Räume in Europa und Übersee speist. Sie sprechen über die Poesie ihrer eigenen Werke und ihrer Übersetzungen.
Elke Erb macht in ihrer Lyrik mit assoziationsreichen und erfahrungsgesättigten Blicken das Vergehen von Zeit im Spannungsfeld zwischen Menschen, Dingen und Natur sichtbar. Zu den von ihr übersetzten Autoren gehören unter anderem Marina Zwetajewa und Alexandr Blok.
Uljana Wolfs aktuelle Gedichte sind poetische Verflechtungen zwischen dem Englischen und Deutschen, die Muster entstehen lassen, in denen die Sprachen verschwimmen und neue Klänge und Bedeutungen zusammenfügen. Uljana Wolf übersetzt aus osteuropäischen Sprachen und aus dem Englischen, unter anderem Christian Hawkey.
Ilma Rakusas Texte wenden sich Menschen und Landschaften verschiedenster kultureller Prägung zu und verwandeln ihre Anonymität in erlebbare Vertrautheit. Auch Ilma Rakusa hat Marina Zwetajewa ins Deutsche übertragen, darüber hinaus noch viele andere ungarische, russische und französische Autoren.
Moderation: Dagmar Leupold
Ort: Hölderlinturm
Impressum
Veranstaltungsreihe des Projekts „TransStar Europa“
Veranstaltungsorte:
Pfleghofsaal, Schulberg 2, 72070 Tübingen
Hölderlinturm, Bursagasse 6
Brechtbau-Theater, Brechtbau, Wilhelmstraße 50
Stadtmuseum Tübingen, Kornhausstraße 10
Club Voltaire, Haaggasse 26b
Kontakt: Claudia Dathe
Claudia.dathe@uni-tuebingen.de
Eintritt frei