Gespieltes: Ulrike Almut Sandig und Marlen Pelny

8. 2. 2014

Über die Farbe Blau, den Transit von Venus in Neuseeland und das Warten: So atmosphärisch wie auch unvorhersehbar ist die Dichtung der Autorin Ulrike Almut Sandig. Und genauso kunterbunt klingt auch die musikalische Begleitung der Berliner Musikerin Marlen Pelny. Stellt man diese zwei außergewöhnlichen Frauen zusammen auf die Bühne inmitten der fast magischen Atmosphäre der Krakauer Kneipe Alchemia, erlebt man einen unvergesslichen Abend voll geheimnisvoller und sehr unterhaltsamer lyrischer Klänge.

Nach einem langen Tag in der Villa Decius war Alchemia eine willkommene Abwechslung. Die Kneipe befindet sich nämlich in Kazimierz, einem sehr scharmanten Stadtteil Krakaus, der ursprünglich überwiegend von Juden bewohnt wurde, wovon mehrere Synagogen und der älteste jüdische Friedhof in Krakau aus dem Jahre 1551 zeugen.  Das Ambiente im Keller dieser hippen Bar war somit mehr als perfekt für so einen poetisch-musikalischen Abend.

Der gemeinsame Auftritt der Künstlerinnen hieß genauso wie ihr gemeinsames Projekt “Dichtung für die Freunde der Popmusik”. Alle, die der Poesie normalerweise eher misstrauisch gegenüberstehen und der Meinung sind, dass sie nicht so viel mit ihr anfangen können, hatten jetzt möglicherweise einen Anlass, sie in einem anderen Licht zu betrachten. Durch die Verflechtung des gesprochenen Wortes mit Gitarre und Effekten hat es sich gezeigt, dass die Grenze zwischen Dichtung und Musik, dem Gesprochenen und Gesungenen, dem Wort und Klang sehr fließend und verschwommen sein kann. Almut Sandig und Pelny lockten uns an fremde Orte, in fremde Leben, Denkweisen und Geschichten und machten sie dabei so vertraut, dass man glaubte, die Zeilen und Töne seien die unseren. Almut Sandigs Gedichte sind zeitlos, sehr greifbar und zugleich weit, weit weg. Durch die musikalischen Einlagen von Marlen Pelny, die oft mit bekannten Melodien überraschte (es gibt wohl kaum jemanden, der bei „Marmor, Stein und Eisen bricht, aber unsere Liebe nicht“ und „Blau, blau, blau sind alle meine Kleider“ nicht mitsingen könnte), schwebten die Worte im Raum und ließen der Fantasie freien Lauf.

Damit es aber nicht nur bei unserer Beschreibung bleibt, könnt ihr unten auch selber zwei Gedichte von Ulrike Almut Sandig lesen oder gar besser, euch die Gedichte vorlesen lassen. Schließt dabei die Augen, reist in Gedanken ins Kazimierz-Viertel und lasst euch fallen.

im märzwald

stehen wir. du und ich. bis hierhin
sind wir gekommen, die anderen
sind uns voraus. unter den kronen
dieser bäume sind sommer und winter zugleich. im gewicht der eigenen leiber ähneln wir uns. du und ich. um diesen baum, dessen namen keiner mehr weiß, dreht sich die erde

und du gibst mir dein wort: dazubleiben, wenn ich geh.

an diesem ort drückt nichts uns zu boden, ins horizontale, zu schnee.

kolor

,

schieß ein bild: meine kleider sind 
blau. vergiss mein nicht. diese blume ist 
blau. alles, was wir haben, ist uns auch von 
belang! alles ist blau, ja! blau. mein schatz ist 
ein matrose. wiesel sind blau, dieses wetter 
ist blau, dein display ist blau, die gedichte 
sind blau, meine pfeife ist immer meine 
pfeife, mein rauch ist blau, alle ringe 
sind blau, himmel ist blau. enzian, 
singst du, soll auch blau sein.

,,

die erde gibt aus der nähe gesehen kein bild ab, 
sie sieht nur von weitem blau aus. genauso wenig 
kleider, rauch, die liebe, blumenstiele. von hier aus 
gesehen ist nichts blau. genauso wenig ein screen. 
screen ain’t blue. screen is the melancholic GAP, zugehängt mit wetterkarten. screen is absence
of things. mein ring ist nicht blau, textil ist 
nicht blau, wetterkarten sind nicht blau. 
himmel soll auch nicht blau sein.

 von Zosia Sucharska, Anja Wutej, Željka Gorički

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Gespieltes: Dichtung für Freunde der Popmusik

8. 2. 2014

Wenn Wörter zum Klang werden: Ein Bericht über die Veranstaltung von Ulrike Almut Sandig und Marlen Pelny „Dichtung für Freunde der Pop-Musik“

Die unter dem etwas suspekten Titel „Dichtung für Freunde der Pop-Musik“ angekündigte Veranstaltung von Ulrike A. Sandig und Marlen Pelny fungiert nicht als eine übliche Autorenlesung. Die Literatur kommt hier zu Wort in Gestalt einer auf mehrere Sinne wirkenden Performance. Die an sich schon sehr beeindruckenden Gedichte von Sandig werden mit viel Feingefühl an Ort und Stelle präsent gemacht. Die Bilder des Meers, der Vögel, der Planeten, des von Le Corbusier geschaffenen Expo-Pavillons schweben im dunklen Kellerraum und das Publikum greift fasziniert danach. Aber das Visuelle überwiegt nicht gänzlich, sondern die einzelnen Wörter werden momentweise zum Geräusch oder zum Klang. Überraschend daran ist, dass diese scheinbar entfremdende Art der Darstellung die Poetik der Autorin nicht kühl macht, ganz im Gegenteil. Ulrike Sandig zieht das Publikum in ihr Universum hinein, in eine gewisse Ursprünglichkeit. Die Musik und der Gesang von Merlen Pelny unterstützen dieses Unternehmen, ganz gleich ob sie Pop-Songs, oder elektronische Musik anstimmt. Und die zuhörenden Übersetzer, sonst so gerne über ihre Bücher und Computer gebeugt, stehen der Tatsache gegenüber, dass sie gerade etwas ganz und gar Unübersetzbares live miterleben.

Einige Fotos finden Sie hier. Besuchen Sie auch unsere FB-Seite und schauen sie sich ein interessantes Video an. Und noch eins.

 von Michaela Otterová

 

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Gespieltes: Was wir für unübersetzbar halten – Sammelwand für jedermann

8. 2. 2014

An einer großen Plakatwand kann jeder mitsammeln: Verwirrendes, Unübersetzbares, Mehrdeutiges (Einführung: Tanja Žigon)

Das Goethe-Institut Krakau bot den Teilnehmern des TransStar Europa Projekts die passende Kulisse, um sich über Verwirrendes, Unübersetzbares, Mehrdeutiges und noch vieles mehr auszutauschen, was ihnen so in ihrem Alltag als Übersetzer von und in die deutsche Sprache über den Weg läuft. An einer großen Plakatwand konnte jeder mitsammeln und mitgestalten. Ein gemütliches Ambiente, viele Leidensgenossen und konstruktive Gespräche zeigten sich als gelungene Kombination für eine rege Teilnahme. Am späten Nachmittag gewährte ein Blick auf die Pinnwand die verwirrendsten, unübersetzbarsten und mehrdeutigsten Übersetzungsfallen, über die unsere TransStar-Literaturübersetzer von den slawischen in die deutsche Sprache und umgekehrt schon mal gestolpert sind.

Das Deutsche macht es einem Übersetzer nicht immer leicht. Was macht man zum Beispiel mit Lebensmensch, basteln, Gemüt, Geschöpf des Krieges, wegweisend, bahnbrechend, wuseln, Bierleiche, Brotstudium, Artikel, Stammtisch, Aufbruchsstimmung, Fremdschämen, Schadenfreude? Wie kommt man um die Sinnes- bzw. Grammatiklücken herum? Auf der Pinnwand wurde zudem auch auf die Modalpartikel hingewiesen (so, denn, ja, dann, jetzt, mal), die schon so manchen Übersetzer das ein oder andere graue Haar gekostet haben. Die Pinnwand schmückte sogar ein für Übersetzer besonders kniffliges Zitat aus einem Roman von Adolf Muschg: „Erzähle mir die heile Welt und mach, dass sie ‘ne Weile hält.“

Auch die slawischen Sprachen blieben dem Deutschen nichts schuldig. Auf der Pinnwand fand man so einige Ausdrücke, die nur mit viel Kreativität ins Deutsche übertragen werden können, z.B. der tschechische Ausdruck „maminka“, der polnische Ausdruck „wichajster“, und auch einige slowenische Nationalgerichte, z. B. „gibanica“ und “potica“ wurden angegeben. Zudem fand man auf der Pinnwand viele kroatische Ausdrücke: klinac, pljuga, plitak, lova, cuga, bariti, fakat, brijati, rija, panj, fulati, ubitačno, škvadra, bulja, spigan, ciba, blitvar, sponzoruša, posvuduša, vecejuša, forvarduša, profiluša, tatinek, tatiček, otec, fotr. Außerdem wurde auf das Problem hingewiesen, dass im Kroatischen verschiedene Varianten für denselben deutschen Ausdruck benutzt werden:

  • Schwiegervater: „punac“ oder „tast“ (Vater der Ehefrau) / „svekar „ (Vater des Ehemanns);
  • Schwiegermutter:  „punica“ (Mutter der Ehefrau) / „svekrva“ (Mutter des Ehemanns);
  • Onkel : „stric“ (Brüder des Vaters) / „ujak“ (Brüder der Mütter) / „tetak“ (Schwager des Vaters bzw. der Mutter);
  • Schwägerin: „suastika“ (Schwester der Ehefrau) / „zaova“ (Schwester des Ehemanns) /„snaha“  (Ehefrau des Bruders) /„jetrva“ (Frau des Bruders des Ehemanns) / „šurjakinja“ (Frau des Bruders der Ehefrau).

Es war also ein konstruktiver Nachmittag. Am Ende waren sich alle einig, dass man Verwirrendes, Unübersetzbares und Mehrdeutiges nur durch einen kultur- und sprachenübergreifenden Ansatz passend übersetzen kann.

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 von Tjaša Šket und Janko Trupej

 

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Gesucht und gefunden: Literatur live übersetzen

8. 2. 2014

Wer heute einen Klassiker übersetzt, sieht sich immer mit der Frage konfrontiert, wie er mit einer alten, manchmal vielleicht schon fremd wirkenden Sprache umgehen soll: Kann man die Tatsache, dass sich die Sprache von der uns geläufigen deutlich unterscheidet, einfach ignorieren? Oder ist es möglicherweise die Aufgabe des Übersetzers, sich durch Lektüre anderer Texte jener Zeit und unter Zuhilfenahme längst vergilbter Wörterbücher die alte Sprache anzueignen und den zu übersetzenden Text in der Zielsprache künstlich zu stilisieren?

Am Freitagnachmittag gaben Dorota Stroińska (Berlin) und Jurko Prochasko (Lwiw) einen unmittelbaren Einblick in den Übersetzungsprozess eines klassischen Textes und die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen. Schnell waren sich die beiden literarischen Übersetzer darin einig, dass es weder das Ziel sein kann, die durch das Alter hervorgerufene Fremdheit der Texte unbeachtet zu lassen, noch ihn in der Zielsprache umständlich zu stilisieren. Stattdessen sei es immer wichtig, in der Gegenwartssprache zu bleiben, nur sparsam die Andersartigkeit der Sprache anzuzeigen und so den heutigen Leser auch tatsächlich anzusprechen, ohne ihm die zeitliche Distanz gänzlich vorzuenthalten.

Am Beispiel von Goethes Wahlverwandtschaften inszenierten Stroińska und Prochasko in einem gelungenen Dialog miteinander und mit dem Publikum eine alltägliche Übersetzersituation und zeigten in Einzelschritten, wie das Verständnis des deutschen Ausgangstextes und die Suche nach der passenden Formulierung in polnischer und ukrainischer Sprache aussehen kann. Als Anschauungsmaterial dienten dabei  auch eine bereits in die Jahre gekommene Übersetzung der Wahlverwandtschaften ins Polnische sowie eine von Jurko Prochasko begonnene Übersetzung ins Ukrainische.

Welche Schwierigkeiten im Prozess der Übertragung von der einen in die andere Sprache im Einzelnen auftreten können, zeigte sich bereits am Romantitel: Während die Übersetzung des Begriffs Wahlverwandtschaften im Polnischen mit seiner Herkunft aus der Chemie wie im Deutschen seinen doppelten Bezug beibehält, ist diese Bedeutung im Ukrainischen unbekannt und muss durch bestimmte Verfahren aufgefangen werden. Dies verlangt vom Übersetzer nicht nur ein ausgeprägtes Sprachgefühl, sondern mitunter auch viel Geduld und Leidenschaft.

Die Veranstaltung im Rahmen des TransStar-Netzwerktreffens in Krakau war ein wichtiger Impuls für die beteiligten Nachwuchsübersetzer und nicht zuletzt auch ein spannender, unterhaltsamer Einblick in die Welt des Übersetzens für das interessierte polnische Publikum.

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 von Magdalena Lewandowska und Melanie Foik

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Gemogeltes: Dinge, die es anderswo nicht gibt

8. 2. 2014

Zwei Berichte über die Veranstaltung “Dinge, die es anderswo nicht gibt”

Wie übersetzt man einen Text, in dem sich bereits mehrere Sprachen mischen? Wieso kann die grammatische Kategorie des Genus bei der Übersetzung ein Problem darstellen? Und was hat der deutsche Kosakenzipfel mit dem tschechischen Huronen-Lachen zu tun? Auf alle diese Fragen gaben die Übersetzer und Übersetzerinnen aus dem Projekt Transstar Europa Antworten, indem sie typische unübersetzbare Phänomene ihrer einzelnen Muttersprachen erklärten und zeigten, wie man als literarischer Übersetzer mit diesen Problemen umgeht.

Am Anfang stellten die slowenischen Übersetzer das Phänomen des sog. Einsprengsels vor, das das Vorkommen eines fremdsprachigen Ausdrucks in einem Text bezeichnet. Am Beispiel eines slowenischen Textes, in dem allerdings viele bosnische und kroatische Worte auftauchen, wurden die Übersetzungsmöglichkeiten solcher Textstellen in einer lebhaften Diskussion mit dem Publikum besprochen. Am besten erschien schließlich die Variante, den gesamten Text ins Deutsche zu übertragen und die ursprünglich fremdsprachigen Worte in Kursivschrift zu markieren.

Ein weiteres Problem, auf das man häufig beim Übersetzen aus dem Deutschen stoßen kann, stellt das Genus, also das grammatikalische Geschlecht dar. Wie die Mitglieder der deutsch-slowenischen Gruppe an konkreten Beispielen zeigten, ist es manchmal bei deutschen Texten, die in Ich-Form geschrieben sind, problematisch zu bestimmen, zu welchem Geschlecht der jeweilige literarische Protagonist gehört. Ist es Absicht des Autors oder nur Zufall: jedenfalls ist die Übertragung in eine Sprache, in der das Genus schon immer durch die Endung der Verbform ausgedrückt wird, für den Übersetzer eine harte Nuss. Eine Möglichkeit, diese Situation zu lösen, wäre es, einfach den Autor zu fragen. Was aber tun, wenn dieser nicht mehr lebt? Dann kann man nur nach möglichen Anzeichen im Text suchen, eine mögliche Autobiographie des Textes im Blick haben und sich  am Ende vielleicht doch nach eigenem Instinkt für ein Genus entscheiden, das den Text in der Zielsprache am besten  klingen läss .

Den Höhepunkt der Veranstaltung bildete der letzte thematische Block mit dem Titel „Humor“. Nach einer kurzen und witzigen Skizze zu Geschichte und Bedeutung des Begriffs Humor an sich zeigte die tschechisch-deutsche Übersetzergruppe die berühmte „Kosakenzipfel“-Szene des wohl bekanntesten deutschen Humoristen Loriot. Der Humor Loriots beruht größtenteils darauf, dass er sich über die angebliche Spießbürgerlichkeit des typischen Deutschen lustig macht, was ihn allerdings in Kulturen, in denen dieses Stereotyp weder besteht noch bekannt ist, praktisch unübersetzbar macht. Ein ähnliches Phänomen stellt der Tscheche Jára Cimrman dar – der beste tschechische Denker, Erfinder, Komponist, Pädagoge, Philosoph und nicht zuletzt Schriftsteller, den die Tschechen in einer gesamtnationalen Umfrage zu dem größten Tschechen aller Zeiten gewählt hatten und den… es eigentlich gar nicht gibt. Der Videoausschnitt aus Cimrmans fiktivem Drama „Die gefiederte Schlange“ über den primitiven Stamm der Huronen brachte nicht nur die tschechischen Teilnehmer der Veranstaltung zum Lachen, der absurde Humor und die spezifischen Anspielungen auf die tschechische Kultur und Geschichte machen jedoch das meiste von Jára Cimrman unübersetzbar.

Das alles durch eine lockere Moderation von Radovan Charvát eingerahmt ergab einen sehr unterhaltsamen Nachmittag im Krakauer Goethe-Institut, der umso mehr Spaß machte, als dem Publikum viel Raum zum Mitdiskutieren gegeben wurde.

von Alžběta Peštová

Das Netzwerktreffen in Krakau schillerte von Veranstaltungen mit prominenten ÜbersetzerInnen, AutorInnen und Kulturmanagern. Im Rahmen des dichten und höchst interessanten Programms konnten aber die TransStar-Teilnehmer nicht nur von der Erfahrung der etablierten Kenner der Übersetzungs- und Literaturbranche speisen, sondern auch ihre eigenen Überlegungen zu einem etwas ungewöhnlichen und umso spannenderen Thema „Gemogeltes: Dinge, die es anderswo nicht gibt“ vor Publikum bringen. Mehrere Skype-Besprechungen zur Vorbereitung einer gemeinsamen Veranstaltung der Teilnehmer aus verschiedenen Ländern gingen der Präsentation von wichtigen Aspekten des gewählten Themas voraus.

Und um 19 Uhr am 17. Januar ging es los im Goethe-Institut in Krakau. Radovan Charvát, der Werkstattleiter der deutsch-tschechischen Gruppe, leitete die Reihe von einzelnen Vorträgen sachte ein und übernahm meisterhaft auch weiterhin die Funktion des Moderators für diesen Abend, der aus drei thematischen Einheiten bestand.

Zuerst wurden von Daniela Trieb und Maja Konstantinović einige komplizierte Stellen mit anderssprachigen Einsprengseln präsentiert, die für die Leser des Textes in der Originalsprache eine bestimmte Bedeutung und Assoiation haben, welche aber für den Leser in einer einheitlichen Zielsprache der Übersetzung oft verloren geht. Es wurde gemeinsam mit dem Publikum nach eventuellen Lösungen gesucht, wie man diese sprachliche Uneinheitlichkeit auch in der Zielsprache der Übersetzung behalten könnte.

Dann kam die Zeit für  ein weiteres Thema, das den Übersetzern aus dem Deutschen in verschiedene slawische Sprachen regelmäßig Kopfzerbrechen bereitet. Das Geschlecht als grammatische Kategorie soll in den slawischen Sprachen schon durch bestimmte Endungen der Verben obligatorisch angegeben werden, was im Deutschen nicht der Fall ist und oft zum Spiel mit den Lesererwartungen im Text wird. An treffenden Beispielen haben Ana Dejanovič und Stefan Heck gezeigt, welche Folgen die Inkongruenz der grammatikalischen Geschlechter für die Übersetzung haben kann, wenn sich z. B. im Deutschen der „männliche“ Tod in den slawischen Sprachen mit dem weiblichen Geschlecht abfinden muss.

Anschließend geriet der Humor unter die Lupe der Übersetzer und wurde als ein riesiges Problem bei der Übersetzung betrachtet. Auf das vielseitige Wesen des Humors ging Martin Mutschler ein. Die humoristischen Texte spielen mit dem gemeinsam erworbenen Wissen und appellieren in der Regel an bestimmte Vorkenntnisse, die dem Leser des übersetzten Textes einfach völlig unbekannt sein können, was solche Textstellen manchmal auch unübersetzbar macht. Die Vertreter der deutsch-tschechischen Gruppe der Übersetzer Radovan Charvát, Anna Koubova und Miroslav Man stellten den bekanntesten Tschechen, Herrn Jára Cimrman, den es in Wirklichkeit nie gegeben hat, dem Publikum vor. Die humoristischen Szenen mit Herrn Jára Cimrman verlieren ihren komischen Effekt, wenn man kein Vorwissen über die Besonderheiten dieser imaginären Gestalt hat und sie stellen den Übersetzer vor große Herausforderungen. Ähnlich geht es beim ukrainischen Humor über das Thema Kosaken und beim deutschen Humor des berühmten Satirikers Loriot, wie Mykola Lipisivitskyi und Martin Mutschler berichteten.

Die Veranstaltung fand im regen Wechselgespräch mit dem Publikum statt und wurde ab und zu vom Gelächter und von Diskussionen unterbrochen. Die Projektteilnehmer haben offensichtlich die Dinge, die es anderswo nicht gibt, in das Goethe-Institut am einzigartigen Marktplatz in Krakau nicht umsonst gemogelt.

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von Mykola Lipisivitskyi

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Kulturmanagement II: Workshop „Übersetzer und Zeitschriftenverleger im Team“

8. 2. 2014

Bericht über den Workshop „Übersetzer und Zeitschriftenverleger im Team“ mit Norbert Wehr (Köln), Alida Bremer (Münster) und Schamma Schahadat (Tübingen) am 17.1.2014 beim TransStar-Netzwerktreffen in Krakau

Am Morgen unseres zweiten Tages in Krakau hatten wir die Möglichkeit, an zwei aus drei angebotenen Workshops teilzunehmen und im Zuge dessen mehr über Kulturmanagement in seinen verschiedenen Facetten zu erfahren. Einer dieser Workshops bestand in dem angeregten Gespräch zwischen der Übersetzerin und Kulturmittlerin Alida Bremer, dem Verleger Norbert Wehr und der Professorin Schamma Schahadat, die das Gespräch leitete.

Zu Beginn befragte Schamma Schahadat Norbert Wehr zu seiner Zeitschrift und deren Charakteristiken. Norbert Wehr, der das 1977 gegründete Schreibheft seit 1982 herausgibt, machte darauf aufmerksam, dass in seiner Zeitschrift Literatur aus aller Welt veröffentlicht werde und es nicht ausschließlich auf ost- und südosteuropäische Literatur spezialisiert sei, wie man aufgrund seiner Anwesenheit beim TransStar-Treffen annehmen könnte. Er bezeichnete das Schreibheft als „wagemutige Literaturzeitschrift“, da jede Ausgabe einem genauen Konzept unterliegt und sich dieses nicht nach aktuellen Strömungen richte, sondern besonders auf Exklusivität setze. Diesen unkonventionellen Charakter sieht Norbert Wehr auch in der stets sehr unterschiedlichen Rezeption der einzelnen Ausgaben bestätigt. Ein Punkt, auf den er stets achte bei der Zusammenstellung einer Ausgabe, sei die „Lesbarkeit“ des Schreibhefts. „Eine Ausgabe soll wie ein Buch im Ganzen gelesen werden“, sagt der Verleger. Aus diesem Grund sei die Textauswahl alles entscheidend.

Um auch uns JungübersetzerInnen einzubauen stellte Schamma Schahadat Norbert Wehr die Frage, wie ein Vorschlag, den wir bei der Zeitschrift einbringen könnten, konkret aussehen solle. Der Verleger betonte, dass es zuallererst wichtig sei, das Schreibheft gut zu kennen, um selbst einschätzen zu können, ob der eigene Vorschlag angenommen werden würde. Ebenfalls sei es ausschlaggebend, dass die einzelnen Probetexte in einem Zusammenhang stehen und einen roten Faden erkennen lassen. Selbstverständlich, solle man den Probeübersetzungen auch informatives Material über den Autor hinzufügen. Abschließend hielt Norbert Wehr fest, dass es sich beim Schreibheft um keinen „Durchlauferhitzer“ handele, also, dass eine Veröffentlichung eines übersetzten Romanausschnitts nicht automatisch zur Publikation der gesamten Übersetzung bei einem Verlag führe. Dieser Bemerkung pflichtete Alida Bremer bei und ergänzte, dass deswegen als Übersetzerin die Zusammenarbeit mit einer Zeitschrift angenehmer sei. Da nur Ausschnitte von Romanen übersetzt werden müssten, gäbe es viel weniger Zeitdruck, als bei der weitaus aufwändigeren Zusammenarbeit mit einem Buchverlag. Zudem wird der Übersetzer durch dessen aktive Mitgestaltung am Dossier vom „Translator“ zum „Transkreator“, er ist also in einem erweiterten Bereich tätig.

Sowohl Alida Bremer als auch Norbert Wehr bestätigten, dass die Arbeit von Übersetzerin und Zeitschriftenverleger im Team eine besonders fruchtbare Arbeitsweise sei, da sie unmittelbar stattfinde und nicht über die Zwischenstation eines Literaturagenten laufe. Funktioniere die (langjährige) Zusammenarbeit so gut wie zwischen Alida Bremer und Norbert Wehr, habe man als Übersetzerin auch die Möglichkeit, Autoren, die man selbst sehr schätzt, dem Zeitschriftenverleger schmackhaft zu machen und diese so erstmals im deutschsprachigen Sprachraum zu veröffentlichen.

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von Evelyn Sturl

 

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Kulturmanagement II: Workshop zur Literaturvermittlung in Mittelosteuropa

8. 2. 2014

Leitung: Renata Serednicka (Krakau)

In einem der drei Workshops am Freitag Vormittag erzählte uns Renata Serednicka von der Geschichte der Villa Decius und der damit verbundenen Literaturvermittlung in Mittelosteuropa.

Die Villa ist nach ihrem ersten Besitzer, Justus Decius, benannt, der im 16. Jhd. als Sekretär des polnischen Königs Sigismund des Alten arbeitete und von diesem das Grundstück zur Verfügung gestellt kriegte. Justus Decius erbaute die Villa nach italienischem Vorbild und nutze sie bald schon als Treffpunkt für Gelehrte, Künstler und Dichter aus aller Welt, die sich in Krakau aufhielten.

Nach einer weiteren Blütezeit im 19. Jahrhundert, verfiel die Villa langsam, bis sich zu Beginn der neunziger Jahre Dr. Karl Dedecius ihrer annahm und mit der Idee „Renaissance 2000“ eine Grundlage für einen erneuten Treffpunkt für Dichter, Schriftsteller und Polonisten erschaffen wollte. Diese „Renaissance 2000“ sollte an die große Zeit Krakaus um 1500 anknüpfen.

Unter der Leitung von Albrecht Lempp wurden 1994 durch die Villa Decius viele Projekte realisiert, unter anderem Stipendienprogramme für Autoren und Übersetzer, sowie Übersetzungsseminare und Literaturfestivals. Die Stipendiaten wohnten und wohnen auch heute noch im Nebengebäude der Villa Decius, dem Laski-Haus, wo sie in einer intensiven Zeit Erfahrungen austauschen und gemeinsam arbeiten können.

Ebenso aus dem Engagement Albrecht Lempps hervorgegangen ist die Arbeitsgruppe Literatur polska2000, die vor allem für die Planung des Auftrittes Polens auf der Frankfurter Buchmesse als Gastland zuständig sein sollte, aber bis heute als Buchinstitut, inzwischen getrennt von der Villa Decius weiter besteht und einen großen Beitrag zur Verbreitung polnischer Literatur leistet.

Seit 2004 dient die Villa außerdem als literarische Residenz, die es bis 2008 Autoren aus drei Nachbarländern (Deutschland, Polen, Ukraine) ermöglichen sollte, gemeinsam dort zu arbeiten, am Kulturleben Krakaus teilzunehmen und gemeinsame Projekte zu veröffentlichen. Doch schon seit 1998 werden immer wieder Autoren- Künstler- und Übersetzerstipendien vergeben und so die deutsch-polnische Zusammenarbeit gefördert.

Zu Ende des Workshops konnten wir selbst Ideen für weitere Stipendienprogramme äußern und wie man diese realisieren könnte. Sei es eine Zusammenarbeit von Übersetzern und Künstlern oder ein Projekt in Krakau.

von Maja Konstantinović

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Kulturmanagement II: Workshop zur Rolle des Übersetzers

8. 2. 2014

Leitung: Iwona Nowacka (Krakau)

„Der Übersetzer tritt aus dem Schatten heraus, er kommt aus dem Schrank und kriecht aus dem Keller“ ist der einleitende und leitende Satz des Workshops zur Rolle des Übersetzers, der in der Leitung von Frau Iwona Nowacka am zweiten Tag des Netzwertreffens von TransStar in Krakau stattfand. Der etwas seltsam anmutende Titel des Workshops hat einen leicht provokativen Charakter, er setzt bestimmte Vorstellungen oder Erwartungen an den Workshop voraus und lässt einige Fragen aufkommen. Ist der Übersetzer nur ein Schatten? Soll der Übersetzer im Schatten bleiben? Kann der Übersetzer auf seine Rolle aufmerksam machen? Die Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen ist genauso schwierig wie der Beruf des Übersetzers selbst, der oft stereotypisch gesehen wird, wie eines der Bilder zum Workshop veranschaulicht: Ein lebloses Foto in verblassten Grautönen zeigt einen bebrillten Menschen einsam vor seinem Computer sitzend. In Anbetracht dieses Beispiels sollten sich alle Workshopteilnehmerinnen und -teilnehmer die entscheidende Fragen stellen: Im Schatten sein oder im Licht sein? Hat man sich als angehende Übersetzerin, als angehender Übersetzer für das Sichtbarsein entschieden, so hielt der Workshop einige Ideen bereit, wie man auf die Rolle der Übersetzenden aufmerksam machen und die eigenen Ideen erfolgreich präsentieren kann. Von der Mitgliedschaft in Übersetzer- und Literaturverbänden, über persönliche Internetseiten und Blogs, zu Facebook, Twitter und Co. bieten vor allem die Social-Media-Plattformen genügend Raum zur Ausfaltung kreativer Ideen rund um die Vermittlung von Literatur und Literaturveranstaltungen, Übersetzertreffen und die übersetzerische Tätigkeit. Ob man dadurch zum Erfolg gelangt und es gar schaffen kann, ein Star zu werden, bleibt abzuwarten, zum Projekt „TransStar“ passt der Workshop allemal und unterstreicht nochmals die Vielseitigkeit der Themen und Aspekte, die das Projekt zu beleuchten bemüht ist.

 von Daniela Čančar

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Einführung in das Kulturmanagement

8. 2. 2014

Einführung in das Kulturmanagement: Antje Contius, Alida Bremer und Amalija Maček im Gespräch mit Schamma Schahadat

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Antje Contius, die Geschäftsführerin der S. Fischer Stiftung und freie Lektorin für osteuropäische Literaturen für Verlage in Österreich, Deutschland und der Schweiz, eröffnete die Vorlesung zum Kulturmanagement und hielt einen Vortrag, in dem sie mehrere Stiftungen vorgestellt hat. Das Publikum hatte die Gelegenheit von verschiedenen Projekten, Staatsinitiativen, Partnerschaften und staatlich-bilateralen Kulturbegegnungen zu hören. Die TeilnehmerInnen konnten aus konkreten Beispielen erfahren, wie sie änliche Programme auch selbst managen können.  Besonders informativ war die Geschichte von der Gründung des S. Fischer Verlags, dessen Tätigkeiten im Jahr des 128-jährigen Jubiläums für alle in der Branche noch immer inspirierend sind. Das Unternehmen ist heute eines der bedeutendsten deutschen Häuser für Belletristik. Von Anfang an veröffentlichte der Verleger zeitgenössische Autoren sowie Werke der Weltliteratur. Schwerpunkte vom heutigen Programm (Politik,  Natur- und Gesellschaftswissenschaften,  Geschichte,  Psychologie) knüpfen an die Tradition des Hauses an. Neben deutschsprachigen und internationalen Gegenwartsautoren beinhaltet es auch einen Sachbuchbereich und Moderne Klassiker. Der heutigen Unternehmensgruppe unterstehen die Verlage Fischer Taschenbuch, Krüger Verlag, Scherz Verlag, Fischer FJB und Fischer Kinder- und Jugendbuchverlag; seit 2013 genauso die Kinderbuchprogramme Fischer KJB, Sauerländer, Meyers Kinderbuch und Duden Kinderbuch.

Um den TeilnehmerInnen beizubringen, wie ein multilaterales Labor entsteht, sprach Contius im zweiten Teil des Vortrags von Traduki, einer bunten Matrix, die als ein partnerschaftliches Projekt entstanden ist. Dieses europäische Netzwerk versammelt zwölf Sprachen und kooperiert intensiv am Buchmarkt mit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Deutschland, Kosovo, Kroatien, Liechtenstein, Mazedonien, Montenegro, Österreich, Rumänien, der Schweiz, Serbien und Slowenien. Das Übersetzungsprogramm von Traduki, das vom Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten der Republik Österreich, dem Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland, der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, dem KulturKontakt Austria, dem Goethe-Institut und der S. Fischer Stiftung initiiert wurde, bemüht sich, dass die Literatur und Bücher von Autoren aus den oben erwähnten Ländern in die eine oder andere Zielsprache kommen.

 von Bojana Bajić

Die in Münster lebende Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Übersetzerin aus Split Alida Bremer teilte mit den NachwuchsübersetzerInnen ihre reichen Erfahrungen als Literaturvermittlerin und -förderin. Ihre Darlegungen eröffnete sie mit einem konkreten Beispiel ihres Engagements, nämlich mit dem umständlichen Prozess, welcher der Veröffentlichung ihrer Übersetzung des Gedichtes „Krakow, Kazimierz“ von Delimir Rešicki voranging.

Delimir Rešicki gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Dichter Kroatiens, war aber im deutschsprachigen Raum eher unbekannt. Um ihn dort vorstellen zu können, verfasste Alida Bremer ein Portfolio mit biographischen Skizzen und Probeübersetzungen und sprach bei dem deutschen Publizisten Norbert Wehr vor. Literaturzeitschriften spielen in diesem Prozess eine sehr wichtige Rolle. Nach der Veröffentlichung bekamen Rešickis Gedichte sehr gute Kritiken in den deutschen Medien.

Ohne Literaturagenten komme man als Prosaautor schwer an große deutsche Verlage. Lyrik oder Theaterstücke werden auf andere Art vermittelt, vor allem Lyrik hat es dabei besonders schwer, so Bremer.

Ein Fall für sich sei die weltbekannte kroatische Dramaturgin Ivana Sajko. Im Februar und im März 2008 schrieb sie gemeinsam mit Alida Bremer, Delimir Rešicki und Edo Popović den Blog Kroatisches Quartett für Arte TV. In demselben Jahr war Alida Bremer als Leiterin des von der Robert Bosch Stiftung unterstützten Projektes „Kroatien als Schwerpunktland zur Leipziger Buchmesse“ tätig. Nach vielen kleinen Schritten und kostenlosen Dienstleistungen ihrerseits gelang es Alida Bremer innerhalb von nur zwei Jahren 40 Neuerscheinungen (darunter einige Sammelbände, Sondernummern von Zeitschriften, Publikationen über Kroatien und neue Auflagen alter Übersetzungen) der kroatischen Literatur in Deutschland anlässlich der Leipziger Buchmesse zu veröffentlichen. Von der Größe dieses Erfolges zeugt die Tatsache, dass in den letzten 150 Jahren insgesamt nur 90 Werke der kroatischen Belletristik auf Deutsch erschienen sind.

Eine Erfolgsgeschichte ist auch der kroatische Autor Edo Popović, der mittlerweile im deutschsprachigen Raum mit sechs ins Deutsche übersetzten Büchern ziemlich bekannt ist. Dazu trug bei, erklärte Bremer, dass er bestimmte Marketingerwartungen erfüllte: Er gehört zur Rock-and-Roll-Generation, arbeitete als Kriegsreporter, schreibt realistisch, postsozialistisch und, im Unterschied zu vielen anderen Autoren, die nicht einmal Englisch können – spricht er sogar Deutsch. So konnte er zusammen mit seinem deutschen Pendant und anfänglichen „Lockvogel“ fürs Publikum Clemens Meyer an den Lesungen in Deutschland erfolgreich teilehmen.

Doch diese Geschichte ist eher ein Einzelfall unter zahlreichen Versuchen, deutsche Verlage auf kroatische Autoren aufmerksam zu machen. Diese Arbeit sei oft mühsam und enttäuschend, weil 90% der Bemühungen in dieser Richtung einfach misslingen würden. Trotzdem rät Alida Bremer, an Autoren, die man fördern will, zu glauben, und nicht gleich aufzugeben, weil große Verlage eben nicht leicht zu gewinnen sind.

Alida Bremer ist außerdem freie Mitarbeiterin der S. Fischer-Stiftung und des Netzwerks Traduki, und ihre fördernde Arbeit bezieht sich nicht ausschließlich auf kroatische Autoren, sondern auch auf montenegrinische, bosnische, serbische und slowenische. So ist für die Leipziger Buchmesse ein Hörbuch mit dem Titel „Ihr werdet noch von uns hören!“ enstanden, eine Doppel-CD mit den Aufnahmen von übersetzten Werken von 15 AutorInnen aus diesen Ländern.

Durch dieses umfangreiche Projekt konnten sich auch manche ÜbersetzerInnen etablieren und zur deutschen Stimme der jeweiligen AutorInnen werden. Diesbezüglich warnte Bremer, dass AutorInnen manchmal zu hohe Erwartungen an eine Übersetzung haben und oft sehr enttäuscht sind, wenn das Buch keinen Verlag findet oder ohne Erfolg bleibt. Es kann passieren, dass der Misserfolg dann dem/der ÜbersetzerIn vorgeworfen wird, da erwartet wird, dass er/sie nicht nur übersetzt, sondern auch als AgentIn agiert, obwohl er/sie dazu gar nicht ausgebildet ist. Da auf dem deutschen Büchermarkt eine ziemlich gnadenlose Konkurrenz herrscht, für die junge ÜbersetzerInnen normalerweise nicht formell vorbereitet werden, ist die Möglichkeit, Erfahrungen wie diejenigen Alida Bremers zu hören, als eine wertvolle Lektion zu betrachten.

 von Ana Pranjković

Amalija Maček begann ihre Ausführungen zum Literatur- und Kulturmanagement in Slowenien mit der einfachen und arglosen Aussage, es gehe stets um Menschen und Bücher. Die tatsächliche Situation auf dem Büchermarkt in Slowenien, wie sie Maček darstellte, sah schliesslich nicht ganz so einfach aus. Und doch brachte Mačeks Vortrag neben vielen informativen Details auch Inspirierendes.

Für das Publikum, das sich zu einem grossen Teil aus Übersetzerinnen und Übersetzern und solchen, die es werden wollen, zusammensetzte, bargen die einleitenden Statistiken einige Überraschungen. Scheinbar erscheinen in Slowenien ebensoviele Übersetzungen wie Neuerscheinungen. Ob das daran liegt, dass die Slowenen selber keine Erzähler seien und aufgrund einer fehlenden Streitkultur wenig offene Kritik an andern äussern, wie Maček beteuerte? Auch die weitgehend staatlich geregelte Übersetzerförderung imponierte. Neben einem slowenischen Übersetzerverband und Workshops werden verschiedene Preise und Stipendien (z.B. das Schritte-Stipendium) an Übersetzende verliehen.

Schwierig gestalte sich aber die Vermittlung slowenischer Autoren im deutschsprachigen Raum: Zu wenig exotisch, zu klein und zu viel Lyrik (ebenfalls eine Folge des fehlenden Erzählertalents?) – das seien die Merkmale, die in deutschen Augen Slowenien prägten und die für die Vermarktung slowenischer Autoren wenig Anhaltspunkte biete. Auch der slowenische Schwerpunkt in Leipzig wäre deshalb viel kleiner als derjenige seiner exjugoslawischen Brüder und Schwestern. Hier folgte ein Tip: Oft ermögliche es die Kombination von unbedeutenden mit bedeutenden Autoren ein grösseres Publikum anzuziehen. Sie habe auch schon Miklauš Komer zusammen mit Slavoj Žižek auftreten lassen.

Am Schluss ihres Beitrags ging Maček genauer auf die größte slowenische Minderheit im deutschsprachigen Raum ein, die in Kärnten beheimatet ist und  im deutsch-slowenischen Literaturbetrieb eine signifikante Rolle spielt. Kärnten ist aus mehreren Gründen gleichzeitig Himmel und Hölle für die Literaturschaffenden. Die Region erfährt im slowenischen Vergleich die intensivste finanzielle Kultur-Unterstützung, vom slowenischen Mutterland an die ‚Enklave’ und von Österreich an die ethnische Minderheit, weswegen auf diesem Gebiet die größoten slowenischen Literaturverlage walten. Das Problem dabei, es fehle diesen Verlagen nicht nur an Qualität und Kompetenz, auch der Vertrieb laufe gegen Null, nicht zuletzt gerade wegen der mangelhaften Qualität. Wichtige Förderungsgelder würden also in schlecht übersetzten und schlecht gestalteten Büchern, die in ganzen Auflagen in Lagern verstauben, verschwinden. In letzter Zeit seien dagegen aber neue Initiativen geboren worden. Zum Beispiel die „Slowenische Bibliothek“, eine Zusammenarbeit von zeitgenössischen Übersetzenden, die Neuübersetzungen der wichtigsten slowenischen Bücher herausbringen und die Verlage dabei vielseitig unterstützen. Es bleibt zu hoffen, dass solche Initiativen die in vielem bereits angelegte fruchtbare interkulturelle Literaturarbeit zwischen dem slowenischen und dem deutschsprachigen Raum weiter verstärken.

 von Anna Hodel

 

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Getauschtes: Vortrag von Ryszard Wojnakowski (Krakau): Übersetzen in große und kleine Sprachen. Asymmetrien.

6. 2. 2014

Das Fazit müssen wir vorausschicken, damit die wichtigste Aussage ans Ende gestellt werden kann. Aus Ryszard Wojnakowskis Vortrag sollten wir alle lernen – die Zuhörer: Geduld; Herr Wojnakowski: dass zu gut vorbereitete Vorträge steif wirken; das Veranstaltungsteam: dass 60 Personen zusammen eine äußerst träge Masse bilden, die die Zeitplanung gelegentlich zunichte macht.

Aber von vorne: Zu Beginn des verspätet angefangenen Vortrags informierte Ryszard Wojnakowski die Zuhörer darüber, wie viele Bücher ins und aus dem Chinesischen übersetzt werden, und dass für Übersetzungen von chinesischer Literatur in kleinere Sprachen aus Mangel an Fachleuten gelegentlich Übersetzungen aus dem Englischen und Französischen als Vorlage verwendet werden. Weiter ging es mit den Möglichkeiten von Flämisch und Französisch schreibenden Autoren in Belgien (wenig, sie publizieren in der Regel in Amsterdam und Paris), und den Lizenzpraktiken der Amerikaner. Die Aussage, russische Literatur sei eine Modeerscheinung, bewog uns zu einer Frage an Herrn Wojnakowski: Was glauben Sie – welche Literatur kommt demnächst in Mode? Er drückt den deutschen Autoren die Daumen!

Wo ist Osteuropa geblieben? Hier. In der Ukraine werden derzeit einige polnische Klassiker übersetzt, um vorhandene Lücken zu schließen. Und… Stopp!! Hier war die Zeit zu Ende. Der nächste Programmpunkt sollte pünktlich beginnen. Was uns Herr Wojnakowski über die ex-jugoslawische Literatur noch erzählen wollte, ist aufs nächste Mal verschoben. Einen wichtigen Satz jedoch konnten wir auf jeden Fall mitnehmen: In Polen wird im Schnitt pro Kopf und Jahr ein halbes Buch gelesen. Hier besteht auch Nachholbedarf. Gut für uns.

Einige Fotos finden Sie hier. Besuchen Sie auch unsere FB-Seite.

 von Valentyna Bilokrynytska, Marlena Breuer und Daniela Trieb

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