Chrystyna Nazarkewytsch
Foto © Dana Schwab
Chrystyna Nazarkewytsch lebt in Lwiw. Sie ist Übersetzerin von wissenschaftlicher und literarischer Prosa, lyrischen und dramatischen Texten, lehrt Theorie und Praxis des Übersetzens und verfasst wissenschaftliche Publikationen im Bereich der Translationswissenschaft. Sie übersetzt sowohl aus dem Deutschen ins Ukrainische als auch aus dem Ukrainischen ins Deutsche.
Viele ihrer literarischen Übersetzungen erschienen und erscheinen u.a. in den Literaturzeitschriften „Radar“, „Kurjer Krywbasu“, „proSTORY“ und „Lichtungen“.
Nach ersten Übersetzungsversuchen im Laufe ihres Germanistikstudiums an der Iwan Franko Universtität in Lwiw, übersetzte Chrystyna Nazarkewytsch 1993 einige von Mozarts Briefen an seine Cousine Maria Mozart, die im erotischen Magazin „Lel’“ veröffentlicht wurden. Positive Reaktionen auf diese Übersetzungen ermutigten sie, weiterzumachen. Daraufhin folgte die erste längere Fachübersetzung von Andreas Kappelers Buch „Russland als Vielvölkerreich“, die zehn Jahre später im Verlag der Ukrainischen Katholischen Universität erschien. Die ersten Texte, die sie ins Deutsche übertrug, waren lyrische Werke von Nazar Hontschar. 2008 erschien im Leykam Verlag sein Gedichtband „Lies dich“. Ebenfalls 2008 fertigte sie für den Ukraine-Schwerpunkt in der Zeitschrift „Lichtungen“ eine deutsche Übersetzung von Nazar Fedoraks Antipoem „Zhadan“ an. Zuletzt übersetzte sie den Roman „Alle Tage“ von Terezia Mora und „Mehr Meer“ von Ilma Rakusa ins Ukrainische.
Chrystyna Nazarkewytsch wählt die Werke, die sie übersetzen möchte, nach eigenen Angaben oft selbst aus. Als Folge daraus bleibt die Überzeugungsarbeit im Verlag nicht aus, die sich vor allem bei Übersetzungen neuerer Namen oder in der Ukraine noch unbekannter Autor/innen oft als zäh erweist. Einige Werke, die sie gerne übersetzen würde, bleiben so vorerst unübersetzt, da es manche Texte, wie z.B. Jenny Erpenbecks „Geschichte vom alten Kind“ aufgrund der dafür benötigten Zeit nicht erlauben würden, „einfach mal so“ für sich selbst loszulegen. Auf der anderen Seite fände sie es schade, ihre Zeit nur mit gelegentlichen in Auftrag gegebenen Übersetzungen zu verbringen, wie sie in einem Interview mit der Deutschen Welle erklärt.
2011 war sie im Rahmen des Projektes „Textabdrücke. Literarisches Übersetzen“ Gastdozentin an der Universität Tübingen. Am Lehrstuhl für Deutsche Philologie der Universität Lwiw lehrt sie Theorie und Praxis des Übersetzens. In der Ausbildung neuer Übersetzer/innen sieht sie zur Zeit noch einige Defizite. Vor allem das Fehlen einer ausdifferenzierten und vom philologischen Studium abgegrenzten Ausbildung hält sie für problematisch. Nicht nur in der Ukraine mangle es z.B. an Ausbildungen zum literarischen Übersetzen. Ihren Student/innen versucht sie zu vermitteln, geduldig und ausdauernd mit einem Text zu arbeiten, ihn zu interpretieren und sich für ihn zu interessieren.
In der Fähigkeit zur Selbstkritik und im Offensein für neue Erfahrungen, vor allem für Leseerfahrungen, sieht Chrystyna Nazarkewytsch wichtige Eigenschaften eines Übersetzers/einer Übersetzerin. Ein ausgeprägtes Sprachengefühl und ein gewisses Hintergrundwissen im jeweiligen Fach bzw. über das literarische Umfeld, in das sich die Übersetzung einfügen soll, seien dabei unerlässlich.
von Nina Hawrylow
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